Wegen unterschiedlicher Praktiken bei der Bankenaufsicht nach dem Brexit könnte es zwischen Grossbritannien und der Euro-Zone zu einem Standort-Wettbewerb kommen. Die britische Aufsichtsbehörde PRA verfolge unter anderem einen deutlich weniger strengen Ansatz als die Europäische Zentralbank (EZB) bei den Kapitalanforderungen an die Geldhäuser, teilte das Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE in einer am Donnerstag veröffentlichten Analyse im Auftrag des EU-Parlaments mit. Die britischen Aufseher setzten beispielsweise eine niedrigere Risikogewichtung für Kreditforderungen an.

"Mit dem Verlassen der Europäischen Union gewinnt Grossbritannien mehr regulatorischen Spielraum zurück und kann auf Basis einer schlankeren Aufsichtsstruktur schnellere Entscheidungen in Krisenzeiten treffen", erläuterte Tobias Tröger, Direktor beim SAFE-Institut und Mitautor der Untersuchung, die Ergebnisse. Die bei der EZB angesiedelte Bankenaufsicht sei dagegen komplex und schwerfällig. "Unsere Beobachtungen heissen aber nicht, dass sich die Euro-Zone als Standort für Banken in einem Regulierungswettlauf 'nach unten' gegen Grossbritannien geschlagen geben muss", führte Tröger aus.

Positiv sehen die Forscher, dass die Euro-Zone im Zuge der Bankenunion ein Sicherheitsnetz für die Geldhäuser errichte, was sich bei künftigen Bankenkrisen auszahlen werde. Deren Bewältigung werde dadurch erleichtert. So könnten die Institute unter anderem mit niedrigeren Kapitalkosten rechnen. Das sorge womöglich für einen Ausgleich für den komplizierten Aufbau der Aufsicht. Die Forscher stützten sich bei ihrer Analyse auf Forschungsergebnisse in der Bankenregulierung sowie auf die Stresstest-Szenarien der europäischen Bankenbehörde EBA und der Bank von England.

(Reuters)