Die Aktie der Schweizerischen Nationalbank vollzog am Donnerstag eine bizarre Berg- und Talfahrt. Eine Stunde nach Handelseröffnung notierte sie 13 Prozent im Plus und knackte fast die Marke von 10'000 Franken. Keine drei Stunden später notierte sie ebenfalls 13 Prozent - aber im Minus bei 7500 Franken. Zuvor war die Aktie in bloss vier Handelstagen fast 50 Prozent in die Höhe geschnellt.

Solch extrem volatile Kursverläufe sind eigentlich typisch für Wertanlagen, die eine Spielwiese für Zocker und Spekulanten sind. Zum Beispiel "Penny Stocks" von halbbankrotten Unternehmen. Oder neuerdings Kryptowährungen wie Bitcoin. Die Kurse werden bestimmt durch Hypes, von gezielt gestreuten Gerüchten und dünnen Handelsvolumen.

Vor allem die zwei letzten Ingredienzien treffen auf die SNB-Aktie zu. Der Titel, der sich während langen Jahren träge um das Niveau von 1000 Franken bewegt hatte, wurde ab Mitte 2016 von Investoren vor allem aus Deutschland entdeckt. Ein Verfasser eines Börsenbriefs strich den Seltensheitswert der SNB-Aktie heraus und verglich sie mit der Briefmarke "Blaue Mauritius". Ähnlich abenteuerlich ist die Spekulation eines deutschen Vermögensverwalters, wonach auf juristischem Weg vielleicht eine höhere SNB-Dividende erkämpft werden könnte. Dabei ist die Ausschüttung fix und im Nationalbankgesetz festgehalten.

Nun hat die altehrwürdige Institution SNB, die für Unabhängigkeit, Stabilität des Finanzsystems und Wohlergehen der Schweizer Wirtschaft steht, ausgerechnet eine Zocker-Aktie quasi im Schaufenster. Das passt nicht zusammen und ist je länger je mehr eine Belastung. Man darf annehmen, dass auch das Direktorium der SNB und der Bankrat nicht erfreut sind über das Gebaren um die Aktie. Die Aufblähung des Titels wird früher oder später ein Ende nehmen, wie jede Spekulationsblase. Und nicht erst dann werden sich Verluste beim Renommée einstellen.

Die Kotierung der SNB-Aktie, die seit 1907 an den Schweizer Börsen gehandelt wird, ist ein Anachronismus. Bloss historische Gründe für eine Kotierung ins Feld zu führen, wie dies die SNB auf ihrer Website tut, überzeugt im heutigen Umfeld nicht mehr.  

Ein Börsenrückzug auf kurz- oder mittelfristige Sicht ist illusorisch, denn darauf spekulieren die SNB-Anleger nämlich auch. Als Vorbild dient ihnen die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, die ihre Aktien vor fast 20 Jahren mit einem Aufschlag von 300 Prozent zurückkaufte. Langfristig jedoch gehört die SNB-Aktie dekotiert.