Seit Beginn der russischen Invasion wurden in der Ukraine nach offiziellen Angaben 5237 Zivilisten - Männer, Frauen und Kinder - getötet. 7035 Menschen wurden verletzt. Die tatsächliche Opferzahl dürfte aber weitaus höher liegen, teilte das Hochkommissariat für Menschenrechte der Vereinten Nationen (OHCHR) am 25. Juli aus seinen jüngsten Erhebungen mit. Die meisten Opfer seien von Artilleriegeschossen, Raketen und bei Luftangriffen getroffen worden.

Weder Russland noch die Ukraine nennen Einzelheiten zu den Verlusten unter ihren Soldaten. Allerdings schätzt der US-Geheimdienst, dass bisher rund 15'000 russische Soldaten in der Ukraine getötet und etwa dreimal so viele verletzt wurden. Das sind bereits jetzt so viele Tote wie es sie auf sowjetischer Seite in zehn Jahren Krieg mit Afghanistan (1979 bis 1989) gab.

Auch die Verluste des ukrainischen Militärs sind beträchtlich. Doch sie dürften geringer sein als die auf russischer Seite, erklärte der Direktor des US-Geheimdienstes CIA, William Burns, unlängst.

In dem Konflikt in der Ostukraine, der nach der Absetzung des pro-russischen Präsidenten Viktor Janukowitsch und der Proteste auf dem Maidan in Kiew begann, kamen zwischen 2014 und 2022 laut OHCHR etwa 14'000 Menschen ums Leben, darunter 3106 Zivilisten.

Flucht und Vertreibung

Seit dem 24. Februar wurde ein Drittel der mehr als 41 Millionen Menschen in der Ukraine aus ihren Häusern vertrieben. Nach UN-Angaben handelt es um die derzeit grösste Vertreibungskrise weltweit.

Mehr als 6,16 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine sind in ganz Europa registriert, die meisten von ihnen im Nachbarland Polen. Auch der kleine Nachbar Moldau hat viele Menschen aufgenommen.

Kosten für die Ukraine

Nach Reuters-Berechnungen hat die Ukraine seit der russischen Annexion ihrer Halbinsel Krim 2014 die Kontrolle über rund 22 Prozent ihres Territoriums an Russland verloren. So gingen Teile der Küste verloren, insbesondere am Asowschen Meer, einem Nebengewässer des Schwarzen Meeres. Mehrere Städte wurden dem Erdboden gleichgemacht, wie die Hafenstadt Mariupol. Teile der ukrainischen Wirtschaft wurden lahmgelegt. Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) schätzen, dass die Wirtschaft im Jahr 2022 um 45 Prozent schrumpfen wird.

Die Kosten sind kaum zu beziffern. Ministerpräsident Denys Schmyhal schätzte im Juli, dass der gesamte Wiederaufbau nach dem Krieg ungefähr 750 Milliarden Dollar kosten werde. Es dürfte weitaus mehr sein. Welche Summen die Ukraine für das Militär und die Kämpfe ausgibt, ist unklar.

Kosten für Russland

Der Krieg ist auch für Russland teuer, die Führung in Moskau macht daraus ein Staatsgeheimnis. Neben den Kosten für das Militär wirken sich die gegen Russland verhängten Sanktionen aus. Die von Energieexporten geprägte Wirtschaft des grössten Landes der Erde ist schwer getroffen - sie erlebt derzeit den grössten Schock seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991.

Die russische Zentralbank prognostiziert nun, dass die Wirtschaft im Jahr 2022 um vier bis sechs Prozent schrumpfen wird. Das ist weniger als der Rückgang von acht bis zehn Prozent, den sie im April vorausgesagt hatte.

So schwerwiegend die Auswirkungen der Sanktionen auf die russische Wirtschaft bereits sind, so sind sie dennoch nicht vollkommen klar. Der Westen hat Russland von seinen Finanzmärkten abgekoppelt. Die meisten russischen Oligarchen sind mit Strafmassnahmen belegt. Und Russland hat bereits Probleme, einige Güter wie Mikrochips zu beschaffen. Erstmals seit der Russischen Revolution 1917 geriet das Land im Juni bei seinen Auslandsanleihen in Zahlungsverzug.

Preise

Wegen der russischen Invasion und der westlichen Sanktionen stiegen die Preise für Düngemittel, Weizen, Metalle und Energie steil an. Dies führte zu einer weltweiten Lebensmittelkrise und einer Inflationswelle.

Russland ist nach Saudi-Arabien der zweitgrösste Ölexporteur der Welt und der weltweit grösste Exporteur von Erdgas, Weizen, Stickstoffdünger und Palladium. Kurz nach der Invasion kletterten die internationalen Ölpreise auf den höchsten Stand seit den Rekordwerten in der Finanzkrise 2008.

Versuche, die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas sowie von Ölprodukten zu verringern oder ihre Preise zu deckeln, haben die schwerste Energiekrise seit dem arabischen Ölembargo in den 1970er Jahren noch verschärft. Nachdem Russland die Lieferung durch die Gaspipeline Nord Stream 1 nach Deutschland gekürzt hatte, stiegen die Preise in Europa sprunghaft an. Ein vollständiger Stopp der Gaslieferungen würde laut den Analysen von Goldman Sachs die Euro-Zone in die Rezession stürzen, mit starken Rückgängen in Deutschland und Italien.

Wirtschaftswachstum

Der IWF prognostiziert, dass die Weltwirtschaft in diesem Jahr um 3,2 Prozent wachsen wird nach 6,1 Prozent im vergangenen Jahr - das ist niedriger als seine Prognose im April von 3,6 Prozent und im Januar von noch 4,4 Prozent. Bei einer vollständigen Einstellung der russischen Gaslieferungen nach Europa bis Jahresende und einem weiteren Rückgang der russischen Ölexporte um 30 Prozent würde sich das globale Wachstum auf 2,6 Prozent im Jahr 2022 und auf zwei Prozent im Jahr 2023 verlangsamen. In der EU und in den USA wäre es demnach im kommenden Jahr gleich null.

Die EU-Kommission hat seit Ausbruch des Krieges ihre BIP-Wachstumsprognosen von 4,0 Prozent auf 2,7 Prozent für dieses Jahr und von 2,8 Prozent auf 1,5 Prozent im kommenden Jahr gesenkt.

Waffenlieferungen an die Ukraine

Die USA haben der Ukraine seit dem 24. Februar Waffen und Ausrüstung für rund 7,6 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt, darunter Stinger-Flugabwehrsysteme, Javelin-Panzerabwehrsysteme, 155-mm-Haubitzen und chemische, biologische, radiologische sowie atomare Schutzausrüstung.

Der zweitgrösste Geber für die Ukraine ist Grossbritannien, das umgerechnet 2,8 Milliarden Dollar an militärischer Unterstützung bereitgestellt hat. Die EU hat der Ukraine Sicherheitshilfe in Höhe von 2,5 Milliarden Euro zugesagt.

(Reuters)