"Die Risiken sind jetzt beträchtlich", sagte Russlands Aussenminister Sergej Lawrow in einem Interview des staatlichen Fernsehens einer Mitschrift seines Ministeriums zufolge. In dem Gespräch wurde Lawrow gefragt, ob die jetzige Situation mit der Kuba-Krise von 1962 vergleichbar sei, als ein Atomkrieg zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion nicht mehr ausgeschlossen werden konnte. Lawrow sagte, die Gefahr sei ernst und real. "Wir dürfen das nicht unterschätzen." Die Nato engagiere sich über einen Stellvertreter in einer militärischen Auseinandersetzung. "Und Krieg ist Krieg."

Russland verschärft damit seine Rhetorik nach dem Angriff auf die Ukraine, den die Regierung in Moskau eine "Spezialoperation" nennt. Nato-Mitglied Grossbritannien sieht die von Lawrow heraufbeschworene Gefahr nicht: "Lawrows Markenzeichen im Laufe der vergangenen 15 Jahre, in denen er russischer Aussenminister ist, war diese Art von Prahlerei. Ich glaube nicht, dass im Moment eine unmittelbare Gefahr einer Eskalation besteht", sagte der Staatssekretär im britischen Verteidigungsministerium, James Heappey, dem Fernsehsender BBC. "Was der Westen tut, um seine Verbündeten in der Ukraine zu unterstützen, ist sehr massvoll. Alles, was wir tun, ist massvoll, um eine direkte Konfrontation mit Russland zu vermeiden."

Der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba wertete Lawrows Interview auf Twitter als Zeichen der Schwäche. "Das bedeutet nur, Moskau schwant eine Niederlage."

Auch Deutschland will schwere Waffen liefern

Dem Sender "Sky News" sagte Heappey, die Nato habe zwar ihre Ostflanke gestärkt. Sie stelle in der Ukraine aber selbst keine militärische Hilfe zur Verfügung. Diese käme von einzelnen Ländern, die allerdings Nato-Mitglieder sind. Die Ukraine fordert zur Verteidigung weitere Spenden, auch schwere Waffen. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht kündigte am Dienstag zum Auftakt eines Treffens der Ressortchefs alliierter Staaten auf dem US-Militärstützpunkt in Ramstein, dass Deutschland der Ukraine Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard zur Verfügung stellen werde.

Gastgeber des Treffens in Ramstein, bei dem die Alliierten über die militärische Lage in der Ukraine beraten, ist US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Nach US-Angaben werden die nächsten Wochen im Krieg in der Ukraine entscheidend. Die USA wollen das Land weiter aufrüsten, um im Osten der Ukraine - wo derzeit der Schwerpunkt der Gefechte ist - erfolgreich sein zu können.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres will Russlands Präsidenten Wladimir Putin und Lawrow am Dienstag in Moskau treffen. Es ist der bisher hochrangigste Friedensversuch in Moskau seit Beginn des Krieges Ende Februar. Westliche Länder äusserten im Vorfeld aber wenig Hoffnung auf einen Durchbruch. Der russische Angriff hat bisher Tausende Menschen getötet oder verletzt, ganze Städte zerstört und mehr als fünf Millionen Ukrainer in die Flucht getrieben.

Es ist Russland bislang aber nicht gelungen, eine grosse ukrainische Stadt einzunehmen. In den Vororten von Kiew wurde die russische Armee durch erbitterten Widerstand zurückgedrängt und konzentriert sich derzeit auf den Osten des Landes, wo prorussische Separatisten seit Jahren Teilgebiete kontrollieren.

(Reuters)