"Es ist unverständlich, dass die Kantone nicht alles unternehmen, um diese älteren und gefährdeten Personen jetzt und nicht erst bis Ende Dezember zu boostern", sagte Günthard in einem Interview mit der "SonntagsZeitung". Auch für Jüngere sei der Booster rasch nötig, um eine Situation wie in Österreich zu vermeiden. Dort gilt ab Montag ein Lockdown für alle.

Neben den Auffrischimpfungen müsse alles unternommen werden, damit sich noch Ungeimpfte die Spritze setzen liessen, sagte Günthard. Der Bund habe mit der Zulassung für den Booster zu lange gewartet. Fehle in den Kantonen das nötige Personal für das rasche Impfen, müssten aus Sicht von Günthard die Armee oder der Zivilschutz aushelfen.

Marcel Salathé, Epidemiologe an der ETH Lausanne, unterstützte Günthard. Die Boosterimpfung nach sechs Monaten werde viel Leid verhindern können, schrieb Salathé am Sonntag auf Twitter. Das müsse jetzt schneller vorwärts gehen.

Drittimpfung zurzeit ab 65 Jahren

Laut der Gesundheitsdirektorenkonferenz GDK werden zurzeit in der ganzen Schweiz Auffrischimpfungen für Personen ab 65 Jahren, Bewohnerinnen und Bewohner von Alters- und Pflegeheimen sowie für gefährdete Personen unter 65 Jahren mit chronischen Erkrankungen verabreicht.

Diese Personengruppen hätten Priorität, da bei ihnen ab sechs Monaten nach der vollständigen Impfung der Schutz vor schweren Erkrankungen abnehme, sagte ein GDK-Sprecher. Danach stellten die Kantone die Booster allen zur Verfügung. Laut einem Armeesprecher hat bisher kein Kanton ein Gesuch um Unterstützung der Armee beim Impfen gestellt.

"Kein Personalmangel"

Der Kanton Bern etwa richtete im November und Dezember die Impfkapazitäten auf rund 35'000 Impfungen pro Woche aus, davon 25'000 für Booster, wie Gundekar Giebel, Sprecher der kantonalen Gesundheitsdirektion Bern, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Er bestätigte damit einen Bericht der "SonntagsZeitung".

Zurzeit gebe es im Kanton nicht mehr als täglich 5000 Personen, die für eine Auffrischimpfung in Frage kommen, also Personen ab 65 Jahren oder Jüngere, die aus gesundheitlichen Gründen die Booster-Impfung benötigten. Diese Gruppe erhalte bis Ende Jahr die Auffrischimpfung. Laut Giebel besteht kein Personalmangel. Zurzeit seien 20'000 Termine offen. Auch die nötigen Gelder stünden zur Verfügung.

Personen unter 65 Jahren sind von den Bundesgremien noch nicht für eine Booster-Impfung frei gegeben. Nach einer Freigabe erhalten sie im Kanton Bern spätestens ab Januar die Drittimpfung. Laut Giebel müssen mindestens sechs Monate zwischen der Zweitimpfung und der Booster-Impfung liegen. Die Grundimmunisierung der grössten Gruppen wurde im Juni und Juli erreicht. Daher sei es im Januar nicht zu spät für die Auffrischungsimpfung.

Auch aus Sicht des Kantons Genf besteht keine Dringlichkeit für Auffrischimpfungen bei den unter 65-Jährigen. Für den Kanton Waadt haben zurzeit ebenfalls die über 65 Jährigen Priorität bei der Booster-Impfung.

Letzte Demos vor Abstimmung

In Zürich und Lausanne gab es am Samstag die letzten Grossdemonstrationen der Covid-Gesetzgegner vor der Abstimmung am kommenden Sonntag. Mehrere tausend Personen protestierten in Zürich gegen "Covid-Verschärfungen". In Lausanne waren es über 1000 Personen.

(AWP)