"Jeder auf der Welt wird betroffen sein von den Veränderungen, die wir sehen", warnte einer der Autoren, der britische Ozeanograf Michael Meredith, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Das von den Vereinten Nationen unterstützte Expertengremium kommt in dem Bericht zu dem Schluss, dass radikale Maßnahmen einige der schlimmsten Folgen der globalen Erwärmung noch abwenden könnten.

"Das Wichtigste, das aus dem Bericht hervorgeht, ist, dass wir eine Wahl haben", sagte Meredith. "Die Zukunft ist nicht in Stein gemeißelt." Nachfolgend ein Überblick, was die mehr als 100 Wissenschaftler aus 36 Ländern in ihrem Sonderbericht zusammengetragen haben:

Schrumpfende Gletscher

670 Millionen Menschen in höher gelegenen Bergregionen sind bei der Wasserversorgung auf Gletscher angewiesen. Aber der Klimawandel lässt diese Gletscher schnell zurückgehen. Das hat bereits zu einem Anstieg des Wasserabflusses geführt und die Wasserversorgung vorübergehend erhöht - ein Phänomen, das in Asien, den Alpen und Alaska beobachtet wird. Wenn die Speicher von Gletscherwasser schrumpfen, wird sich der aktuell zu beobachtende Effekt umkehren, wodurch Flüsse austrocknen könnten. Kleinere Gletscher in Regionen wie Ostafrika, den tropischen Anden und Indonesien verlieren bis 2100 voraussichtlich mehr als 80 Prozent ihrer derzeitigen Eismasse, wenn die Emissionen hoch bleiben.

Steigende Meeresspiegel

Der durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe verursachte Klimawandel treibt die Temperaturen in die Höhe und erwärmt das Meer, wodurch es sich ausdehnt. Das wiederum führt zu einem Anstieg des Meeresspiegels. Wissenschaftler haben festgestellt, dass schmelzende Gletscher und Eisschilde in Polar- und Bergregionen ebenfalls dazu beitragen. Während sich der globale Meeresspiegel im 20. Jahrhundert um etwa 15 Zentimeter anhob, steigt er jetzt doppelt so schnell - eine Entwicklung, die sich auch noch beschleunigt. Im globalen Klimasystem ist inzwischen so viel Erwärmung eingetreten, dass der Meeresspiegel noch Jahrhunderte lang weiter ansteigen wird. Unter der Annahme, dass die Treibhausgas-Emissionen stark sinken und die Erwärmung auf weit unter zwei Grad Celsius begrenzt wird, wie im Pariser Abkommen von 2015 festgelegt, könnte der Anstieg des Meeresspiegels bis zum Ende des Jahrhunderts auf etwa 30 bis 60 Zentimeter begrenzt werden. Steigen die Emissionen von Treibhausgasen jedoch weiter stark, könnte der Meeresspiegel bis 2100 um 60 bis 110 Zentimeter klettern.

Gezeiten-Hochwasser und Sturmfluten

Setzt sich die Erwärmung fort, werden starke Sturmfluten - die in der Vergangenheit einmal pro Jahrhundert beobachtet wurden - in vielen Regionen regelmäßig auftreten. Und zwar jährlich bis Mitte des Jahrhunderts. Das erhöht die Risiken für viele niedrig gelegene Küstenstädte und kleine Inseln. Eine Zunahme der Intensität und des Ausmaßes von Sturmfluten und der Niederschlagsraten tropischer Wirbelstürme erhöht die Gefahren - insbesondere, wenn die Treibhausgas-Emissionen nicht stark sinken.

Zusammenbruch der Meeresökosysteme

Bis heute hat der Ozean mehr als 90 Prozent der überschüssigen Wärme im Klimasystem aufgenommen. Bis 2100 wird der Ozean bis zu zwei- bis viermal mehr Wärme aufnehmen als zwischen 1970 und heute - selbst wenn die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius begrenzt bleibt. Bei höheren Emissionen könnte der Wert auf das Fünf- bis Siebenfache steigen. Die Erwärmung und Versauerung der Ozeane, der Verlust von Sauerstoff und Veränderungen in der Nährstoffversorgung treffen die marinen Ökosysteme bereits hart. Marine Hitzewellen haben sich seit 1982 in ihrer Häufigkeit verdoppelt und werden voraussichtlich noch schlimmer. Es wird prognostiziert, dass sie bei einer Erwärmung von zwei Grad Celsius 20-mal häufiger auftreten werden als in vorindustriellen Zeiten. Steigen die Emissionen weiter stark, werden Meereshitzewellen 50-mal häufiger auftreten.

Verschwindendes arktisches Meereis

Das arktische Meereis nimmt in jedem Monat des Jahres ab und wird immer dünner. Wenn die globale Erwärmung bei 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau stabilisiert wird, wäre der Arktische Ozean nur einmal in hundert Jahren im September - dem Monat mit dem geringsten Eis - eisfrei. Wenn die globale Erwärmung zwei Grad erreicht, könnte dieses Phänomen alle drei Jahre auftreten. Der seit vielen Jahren gefrorene Permafrost taut auf. Auch wenn die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius begrenzt bleibt, werden bis 2100 rund ein Viertel der oberen Schicht des weltweiten Permafrostes auftauen. Bei weiter stark steigenden Treibhausgas-Emissionen ist es möglich, dass rund 70 Prozent dieses oberen Permafrostes verloren gehen könnten.

Arktischer Frost und Permafrost auf der nördlichen Erdhalbkugel enthält große Mengen an altem Kohlenstoff und könnte die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre deutlich erhöhen, wenn es zum Auftauen kommt. Es ist unklar, ob der auftauende arktische Permafrost bereits begonnen hat, Kohlendioxid oder Methan in größerem Umfang freizusetzen. 

(Reuters)