Im September 2018 hatte das Europaparlament einem Beschluss zugestimmt, wonach wegen der Gefährdung von EU-Grundwerten ein Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn vorgeschlagen wurde. Konkret sah das Parlament etwa die Unabhängigkeit der Justiz und die Meinungsfreiheit in Gefahr. Das Verfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge ist das schärfste Mittel gegen ein EU-Land und kann im äussersten Fall zum Entzug der Stimmrechte im Ministerrat führen.
Für die Entschliessung im Parlament war eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig. Bei 448 Ja-Stimmen, 197 Nein-Stimmen und 48 Enthalten wurde diese unter Nicht-Berücksichtigung der Enthaltungen erreicht. Laut EuGH-Generalanwalt Michal Bobek sind Stimmenthaltungen nach einer Vorschrift in der Geschäftsordnung des Parlaments eindeutig von der Zählung ausgeschlossen. Die geltenden Regeln für die Abstimmung seien den Abgeordneten zudem vorher mitgeteilt worden. Auch schlössen sich Enthaltungen und abgegebene Stimmen schon rein sprachlich aus. Ein Parlamentsausschuss sei für die Auslegung der Abstimmungsregeln nicht gesondert um Stellungnahme zu beten gewesen, wie es Ungarn kritisiert hatte./rbo/DP/eas
(AWP)