"Der Markt ist besorgt über das, was in Washington passiert", sagte Vinay Pande, Handelsstratege bei UBS Global Wealth Management. "Angesichts der großen Korrektur am Markt herrscht offenbar Unordnung und Uneinigkeit und die Leute sprechen nicht mit einer Stimme, was jeden hier verunsichert." Hintergrund sind Sorgen vor einer Abschwächung der Weltwirtschaft auch wegen des Handelsstreits USA/China, die erneute Kritik von US-Präsident Donald Trump an Notenbankchef Jerome Powell und dessen Zins-Plänen sowie der Stillstand der Arbeit einiger US-Regierungsbehörden wegen des Streits über die von Trump gewollte Grenzmauer zu Mexiko.

Den US-Börsen droht der schwärzeste Dezember seit 1931 - den Zeiten der damaligen Weltwirtschaftkrise. Der Dow-Jones-Index verlor am Heiligabend weitere knapp drei Prozent, bevor die Wall Street über die Feiertage dichtmachte. Der Dow hat damit seit Anfang Oktober rund 18 Prozent verloren, der breiter gefasste S&P 500 seit Mitte September rund 20 Prozent und die Nasdaq seit Ende August knapp 25 Prozent. Für Mittwoch signalisierten die Futures leicht anziehende Kurse.

Panik, Verlustbegrenzung, Spekulation

In Tokio verlor der Nikkei-Index am Dienstag fünf Prozent. Am Mittwoch ging es zunächst steil bergauf, dann drehte der Index ins Minus und schloss letztlich 0,9 Prozent fester. "Ein Drittel der Verkäufe wird von Panik ausgelöst, ein weiteres Drittel durch Verlustbegrenzungen und das verbliebene Drittel durch Spekulanten, die versuchen, aus der Marktschwäche Profit zu ziehen", sagte Takashi Hiroki, Chefstratege bei Monex Securities in Tokio. Der deutsche Markt konnte auf die Entwicklungen zunächst nicht reagieren. Letzter Handelstag beim Dax war wegen der Feiertage der Freitag. Für den Handelsstart am Donnerstag wurden aber Abschläge erwartet.

Auch am Öl-Markt setzte sich die Talfahrt fort. Nachdem die Preise schon vergangene Woche um rund elf Prozent gesunken waren, ging es um weitere sechs Prozent bergab. "Der Markt preist eine Abschwächung der Weltwirtschaft ein, wenn nicht gar eine Rezession", sagte Phil Flynn, Analyst bei der Price Futures Group in Chicago. Der russische Energieminister Alexander Nowak sagte, er gehe von einer Stabilisierung der Preise in den ersten Jahreshälfte 2019 aus. Die Opec-Staaten und wichtige Nicht-Opec-Länder hatten sich Anfang Dezember darauf verständigt, die Ölförderung 2019 um 1,2 Millionen Barrel pro Tag zu drosseln.

Trump kritisiert US-Notenbank

Trump erneuerte unterdessen seine Kritik an der Notenbank Fed. "Sie hebt die Zinsen zu schnell an". sagte der Präsident am Dienstag. Er fügte hinzu, der Kursrutsch an der Börsen sei eine enorme Chance zum Aktien-Kauf. Am Montag hatte Trump getwittert: "Das einzige Problem, das unsere Wirtschaft hat, ist die Fed." In der vergangenen Woche hatte es in Medienberichten geheißen, Trump habe im privaten Kreis die Möglichkeit einer Entlassung des von ihm selbst berufenen Fed-Chefs Jerome Powell diskutiert. Finanzminister Mnuchin dementierte das aber.

Mnuchin hatte am Montag kurzfristig eine Telefonkonferenz mit einer Krisengruppe aus Vertretern von der Aufsichtsbehörden einberufen. Diese trifft sich eigentlich nur in Zeiten schwerer Marktverwerfungen. Nach Angaben von Teilnehmern erklärte die Aufsicht in dem Gespräch, sie habe keine außerordentlichen Vorfälle während des jüngsten Abschwungs beobachtet. Am Sonntag hatte Mnuchin mit den Chefs der sechs größten US-Banken gesprochen. Diese versicherten ihm den Angaben zufolge, sie verfügten über ausreichend Liquidität für die Kreditvergabe und die Märkte funktionierten weiterhin vorschriftsmäßig .

In Tokio erklärte Notenbank-Chef Haruhiko Kuroda am Mittwoch, die Unsicherheiten hätten sich zuletzt "wegen der Entwicklungen in den Volkswirtschaften in Übersee" verstärkt. Die japanische Wirtschaft und jene in den anderen Ländern seien aber widerstandsfähig genug, um "jedwede Schocks" zu überstehen.

Behörden-Stillstand belastet

Der Abschwung an den Märkten hängt zusammen mit dem von Trump losgetretenen Handelstreit mit China. Er wirft China unfaire Handelspraktiken vor und stört sich an dem großen Defizit im Warenaustausch mit der Volksrepublik. China weist die Vorwürfe zurück. Die beiden weltgrößten Volkswirtschaften haben sich in dem Streit mit milliardenschweren Sonder-Zöllen überzogen. Der Konflikt hat in der Weltwirtschaft bereits Bremsspuren hinterlassen. Eine Einigung ist nicht in Sicht. Japan warnte vor einem möglichen "Handelskrieg" der USA mit China. Trump liegt auch mit Japan und der Europäischen Union in Handelsfragen über Kreuz.

Neu hinzu als belastender Faktor kam zuletzt noch der teilweise Behörden-Stillstand in den USA. Trumps Republikanern war es am Freitag nicht gelungen, im Senat die notwendigen Stimmen von Demokraten für die Freigabe von fünf Milliarden Dollar zusammenzubekommen, die der Präsident für den Bau der Grenzmauer zu Mexiko fordert. Das Geld sollte nach dem Willen Trumps in einem Zwischenetat enthalten sein, der auch die Finanzierung diverser Behörden sichert. Ohne Einigung ging ihnen das Geld aus. Eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht.

(Reuters)