Chancenlos war auch die Forderung, die Vorlage an die Kommission zurückzuweisen. Der Rückweisungsantrag stammte vom Zürcher SVP-Nationalrat Thomas Matter. "Hier soll zusammenwachsen, was nicht zusammen gehört", kritisierte er. Die Verknüpfung von Steuervorlage und AHV-Finanzierung sei ein "Affront gegenüber dem Souverän". Erwachsene Bürgerinnen und Bürger würden wie unmündige Kinder behandelt.

Neben demokratiepolitischen Vorbehalten sprechen für Matter inhaltliche Gründe gegen den AHV-Steuerdeal, den der Ständerat gezimmert hat. Wenn es ein Kompromiss sei, sei es ein miserabler Kompromiss, sagte er. Die zusätzlichen Lohnprozente für die AHV belasteten den Mittelstand. Die Mehrheit des Nationalrats teilte Matters Bedenken nicht. Der Rückweisungsantrag scheiterte mit 119 zu 63 Stimmen bei 15 Enthaltungen.

Das gleiche Schicksal erlitt der Antrag der Grünliberalen, die gar nicht erst auf die Vorlage eintreten wollten. Diese Steuervorlage 17 sei zwar ausgewogener als die gescheiterte Unternehmenssteuerreform, sagte Kathrin Bertschy (BE). Doch statt die Bevölkerung von der Notwendigkeit der Reform zu überzeugen, werde diese mit einer Finanzspritze für die AHV verbunden.

Laut Bertschy stiehlt sich das Parlament damit aus der Verantwortung. Die dringend nötige Reform der AHV werde aufgeschoben. "Damit verspielen wir das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik", warnte sie. Bertschys Antrag auf Nichteintreten scheiterte mit 188 zu 8 Stimmen.

"Bescheidene Lernkurve"

BDP-Chef Martin Landolt (GL) warf ihr vor, für die Galerie zu politisieren und ihre Verantwortung für das Land nicht wahrzunehmen. Doch auch er ist keineswegs glücklich über die Verknüpfung von Unternehmenssteuerreform und AHV. Immerhin sorge die Vorlage für einen breit abgestützten Kompromiss, sagte Landolt.

Die Grünen äusserten inhaltliche Vorbehalte. Für die Fraktion ist die Vorlage eine ungenügende Antwort auf das Nein zur Unternehmenssteuerreform III im Februar 2017. "Die Lernkurve ist im zweiten Anlauf zu bescheiden ausgefallen", sagte Regula Rytz (BE). Die Steuervorlage führe zu weiteren Sparprogrammen und heize den Steuerwettbewerb an.

"Die Schweiz bleibt die Lokomotive der Ungleichheit", sagte Lisa Mazzone (GE). Die Grünen wollen die Vorlage aber nicht versenken, sondern korrigieren. Rytz beantragt insbesondere, die Steuervorlage und den AHV-Zuschuss in zwei verschiedenen Vorlagen unterzubringen.

Ruf nach Rechtssicherheit

Vorerst hält die Mehrheit Kurs: Die Reform sei dringend, sagte Kommissionssprecher Leo Müller (CVP/LU). Die steuerliche Begünstigung von Auslandserträgen entspreche nicht mehr den internationalen Normen. Die Abschaffung des Sonderstatus führe für die betroffenen Unternehmen zunächst zu massiv höheren Streuern, sagte Müller. Die neuen Abzugsmöglichkeiten sollen die Erhöhung auf ein erträgliches Mass beschränken.

Finanzminister Ueli Maurer rief in Erinnerung, warum die Unternehmen in der Schweiz gehalten werden müssen: Diese leisteten einen wesentlichen Beitrag zum Wohlstand der Schweiz, betonte er. Schon heute gebe es wegen der Unsicherheit weniger Neuansiedlungen. "Darum braucht es rasch Rechtssicherheit." Mit der vorgeschlagenen Lösung kann der Bundesrat laut Maurer leben. "Es ist ein Kompromiss, der stimmt."

Vorläufig hält der Pakt

SP, CVP und FDP halfen der Vorlage schliesslich über die erste Hürde hinweg. Im Gegensatz zur Unternehmenssteuerreform III schaffe diese einen Ausgleich, sagte SP-Sprecher Beat Jans (BS). Die Steuervorlage nütze den Unternehmen und den Reichen. Von der AHV-Finanzierung profitiere der Mittelstand. "Erst die Verknüpfung schafft die Verteilwirkung, die aus unserer Sicht gerecht ist", sagte Jans.

Die FDP trägt den AHV-Steuerdeal ebenfalls mit. Applaus gebe es dafür nicht, sagte Petra Gössi (FDP/SZ). Doch die Unternehmen brauchten Rechtssicherheit. Bei einem Kompromiss gehe es eben nicht darum, nur die eigenen Interessen durchzuboxen.

Auch die CVP unterstützt die Vorlage. Es gebe dazu keine mehrheitsfähige Alternative, sagte Guillaume Barazzone (GE). Die Anträge der SVP kritisierte er als "extremistisch", diese seien nicht mehrheitsfähig. Der Kompromiss des Ständerats mache die Schweiz wettbewerbsfähiger und löse gleichzeitige einen Teil der Probleme der Altersvorsorge.

Sportlicher Zeitplan

Auf das Eintreten folgt die Diskussion über die zusätzlichen Mittel für die AHV. Der Entscheid, ob der AHV-Steuerdeal in einer oder zwei Vorlagen untergebracht wird, fällt im Lauf des Morgens. Der Nationalrat hat auch den Nachmittag für die Steuervorlage 17 reserviert. Die Räte wollen diese noch in der laufenden Session unter Dach und Fach bringen. Am nächsten Montag ist schon wieder der Ständerat am Zug.

(AWP)