Für die Finanzmärkte ist eine Senkung um mindestens einen Viertelpunkt auf die dann neue Spanne von 2,0 bis 2,25 Prozent gesetzt. Hintergrund ist der von US-Präsident Donald Trump angefachte Handelsstreit, der für Verunsicherung sorgt. Ausserdem flaut der US-Konjunkturboom ab. Weitere Argumente für eine Lockerung liefert den Währungshütern um Fed-Chef Jerome Powell die Inflation, die für einen Aufschwung ziemlich niedrig ist. Allerdings herrscht Vollbeschäftigung und eine Rezession ist auch nicht absehbar. Powell ist daher gefordert, eine Zinssenkung nicht als Einknicken erscheinen zu lassen. Denn Trump fordert diese seit langem.

Während die Europäische Zentralbank derzeit eine lockerere Geldpolitik vorbereitet, wird die Fed wie zuvor die Notenbanken in der Türkei, Südkorea und Indonesien Nägel mit Köpfen machen, prognostizieren die Ökonomen der Commerzbank: "Die US-Notenbank dürfte diese erste Zinssenkung in zehn Jahren als Versicherung gegen eine mögliche Abschwächung verkaufen." Powell hatte bei einer Anhörung vor dem Repräsentantenhaus zuletzt schon klare Signale gegeben, dass der Leitzins bald sinken dürfte, um nachhaltiges Wachstum zu sichern.

Rolle rückwärts

Noch voriges Jahr hatte die Fed angesichts der brummenden Wirtschaft sehr zum Ärger Trumps den Leitzins vier Mal angehoben - zuletzt im Dezember 2018. Nun dürfte die Rolle rückwärts erfolgen und die Fed dem US-Präsidenten damit späte Genugtuung bereiten: Das Wachstum der US-Wirtschaft kühlte sich im Frühjahr 2019 zwar auf eine auf das Jahr hochgerechnete Rate von 2,1 Prozent ab - nach einem Plus von 3,1 Prozent zu Jahresbeginn. Doch von Krisenzeiten, die eine Zinssenkung zwingend erscheinen lassen, kann wohl keine Rede sein: "Man bekommt immer stärker den Eindruck, dass die US-Notenbank gegen eine Phantomrezession kämpft", sagt NordLB-Ökonom Tobias Basse.

Insbesondere der Arbeitsmarkt in den USA brummt weiter und zeigt keine Anzeichen von Schwäche. Die Fed, die neben Vollbeschäftigung auch für stabile Preise sorgen soll, blickt jedoch mit Sorge auf die seit langem vor sich hindümpelnde Inflation. Sie achtet besonders auf Preisveränderungen bei persönlichen Konsumausgaben, wobei Energie- und Nahrungsmittelkosten ausgeklammert werden. Hier lag die Steigerungsrate zuletzt bei 1,6 Prozent und damit unter dem Fed-Ziel von 2,0 Prozent. Ökonom Bastian Hepperle vom Bankhaus Lampe findet es überraschend, dass die schon seit langem gesunkenen Inflationserwartungen nun plötzlich im Fokus der Fed stehen: "Es scheint eher, als beuge sie sich dem von US-Präsident Donald Trump ausgelösten politischen Druck."

Alle Augen auf Powell

Alle Augen dürften daher darauf gerichtet sein, wie Powell den Zinsbeschluss vor der Presse begründen wird. Dabei dürfte er auch darauf angesprochen werden, ob die Forderungen Trumps nach einer Zinssenkung und die Androhung seiner Absetzung bei ihm Eindruck hinterlassen haben: Trump hat der Federal Reserve immer wieder vorgeworfen, mit zu hohen Zinsen den Aufschwung zu gefährden. Die Fed habe mit ihren kräftigen und zu schnellen Zinserhöhungen mächtig danebengelegen: "Verschlafen Sie es nicht wieder", twitterte er jüngst. Die für einen US-Präsidenten ungewöhnlichen Angriffe auf die unabhängige Notenbank gipfelten in der Aussage, die Währungshüter seien "ahnungslos". Zudem könne Powell als Fed-Chef abgelöst werden. Ein ähnliches Schicksal hatte den türkischen Notenbankchef ereilt, dessen Nachfolger die von Staatschef Recep Tayyip Erdogan vehement geforderte Zinssenkung umgehend umsetzte.

Nach Ansicht von KfW-Ökonom Tobias Rehbock steckt die Fed nicht nur wegen des auf ihr lastenden politischen Drucks in einer schwierigen Situation: "Die Industrierezession im ersten Halbjahr und die enttäuschende Entwicklung der Inflation geben berechtigte Anlässe für eine geldpolitische Lockerung." Dagegen fielen die Indikatoren für den privaten Konsum zuletzt wieder sehr kräftig aus: "In der Abwägung wäre aus unserer Sicht eine Zinssenkung nicht notwendig. Die Marktteilnehmer rechnen aber fest mit einem Zinsschritt nach unten am kommenden Mittwoch - vermutlich nicht der letzte in diesem Jahr."

(Reuters)