Donald Trump oder Joe Biden? Die ganze Welt schaut mit Spannung auf die US-Präsidentenwahl am 3. November. Kein Wunder, sind die Vereinigten Staaten als weltgrösste Volkswirtschaft doch Taktgeber für die globale Konjunktur. 

Der Blick auf die inhaltlichen Positionen der beiden Rivalen zeigt: Es macht einen grossen Unterschied für die USA, aber auch für den Rest der Welt, wer am Ende als Sieger hervorgeht. Nachfolgend ein Überblick über die wirtschaftliche Ausrichtung von Trump und Biden:

«America First» gegen «Made in All of America»

Trump: In seiner Rede zur Amtseinführung hat er die "America first"-Politik angekündigt, mit deren Hilfe die heimische Industrie wiederbelebt und "unfaire" ausländische Konkurrenz in die Schranken gewiesen werden sollte.

Er hat damit auch seine Republikanische Partei umgekrempelt, die bis dahin als Verfechterin eines freien Welthandels galt. Mit Strafzöllen gegen Importe aus China, aber auch gegen Verbündete wie die EU oder Kanada hat Trump versucht, das enorme Defizit in der US-Handelsbilanz zu schliessen - mit mässigem Erfolg bislang.

Biden: Der Demokrat kündigt in seiner "Buy American"-Initiative an, die Nachfrage nach heimischen Industrieprodukten durch eine staatliche Beschaffungsinitiative und den Ausbau der Infrastruktur mit 400 Milliarden Dollar anzukurbeln.

Mit einer Mischung aus spezifischen Anreizen und neuen Finanzierungsinstrumenten unter dem Schlagwort "Made in All of America" sollen speziell kleinere Unternehmen gefördert werden. Biden stellt zudem 300 Milliarden Dollar für Forschung und Entwicklung in Aussicht - etwa in den Bereichen 5G, Elektromobilität und Künstliche Intelligenz.

Steuern

Trump: Der vielleicht grösste Erfolg seiner Amtszeit ist die Senkung der Unternehmensteuern 2017. Mit der Reform wurden die Steuersätze von 35 auf 21 Prozent zurückgesetzt. Wesentlich strittiger ist die Senkung der Einkommensteuern, von denen Kritikern zufolge vor allem Reiche profitieren.

Diese läuft eigentlich Ende 2025 aus. Bleibt Trump Präsident, so will er die Senkung dauerhaft verankern. Das soll finanziert werden, indem zugleich staatliche Ausgaben zurückgefahren werden. Zudem will Trump Unternehmen gezielt fördern, die ihre Produktion aus China zurück ins Heimatland verlagern.

Biden: Er will die Unternehmensteuern anheben, und zwar auf 28 Prozent. Das läge in der Mitte zwischen dem aktuellen Niveau und dem vor Trumps Steuerreform. Zugleich will der Demokrat die Reichen stärker zur Kasse bitten: Der Spitzensteuersatz soll von 37 Prozent auf das alte Niveau von 39,6 Prozent angehoben und zugleich Steuerschlupflöcher geschlossen werden.

Einkommen von unter 400'000 Dollar pro Jahr will Biden von Steuererhöhungen verschonen, was auf mehr als 98 Prozent der Haushalte zutrifft. Zwischen 2,4 und 3,4 Billionen Dollar könnten Berechnungen von US-Instituten zufolge dadurch binnen eines Jahrzehnts an Mehreinnahmen generiert werden.

Handelspolitik

Trump: 2018 und 2019 hat er Strafzölle auf chinesische Waren im Wert von 370 Milliarden Dollar verhängt. Das hat die US-Importeure nach Angaben der US-Zoll- und Grenzschutzbehörden bislang rund 61,6 Milliarden Dollar gekostet. Experten machen dies mitverantwortlich dafür, dass die Wettbewerbsfähigkeit der US-Hersteller gelitten hat.

Trump ist aber auch gegen Verbündete vorgegangen: Die Zölle auf Stahl, Aluminium, Waschmaschinen, Sonnenkollektoren und diverse Waren aus der Europäischen Union führten bis zum 2. September zu weiteren 12,2 Milliarden Dollar an Strafen. Im Raum steht auch immer wieder Trumps Drohung, die europäischen Autohersteller mit Strafzöllen zu belegen.

Biden: "Ich werde Zölle einsetzen, wenn sie gebraucht werden, aber der Unterschied zwischen Trump und mir besteht darin, dass ich eine Strategie - einen Plan - haben werde, um mit diesen Zöllen zu gewinnen, und nicht nur, um Härte vorzutäuschen", schrieb Biden im Mai an die Gewerkschaft United Steelworkers.

Die Stahl- und Aluminiumzölle würden so lange bestehen bleiben, bis eine globale Lösung zur Begrenzung der Überproduktion - weitgehend in China zentriert - ausgehandelt werden kann. Als bekennender Transatlantiker ist Biden aber auch an einem besseren Verhältnis zu Europa gelegen. Dass er Strafzölle auf Importe europäischer Autos androht, wie sein Rivale Trump es regelmässig tut, gilt als wenig wahrscheinlich. Vielmehr dürfte er versuchen, die europäischen Partner einzuspannen, um gemeinsam den Aufstieg Chinas zu bremsen.

Klimapolitik

Trump: "Wir bringen die Kohleindustrie zu 100 Prozent zurück", hatte Trump im vorangegangenen Wahlkampf versprochen. Obwohl er Umweltauflagen seines Vorgängers Barack Obama zurückgenommen hat, konnte er den Niedergang der Kohleindustrie aber nicht stoppen. Seit 2010 wurden in den USA 252 Kohlekraftwerke geschlossen, darunter allein 66 seit der Amtseinführung Trumps.

Auch als Freund der Ölindustrie ist er bekannt, hat auch hier Umwelt- und Klimaauflagen abgeschafft - etwa, indem die Förderung fossiler Energieträger auf bundeseigenem Land gestattet wurde. Den Klimawandel hat der Präsident als "Schwindel" bezeichnet und die Vereinigten Staaten 2017 aus dem Pariser Abkommen herausgezogen, das einen internationalen Ansatz zur Lösung des Problems vorsieht.

Biden: Mit zwei Billionen Dollar will der Demokrat in den kommenden vier Jahren den Ausbau einer klimaschonenden Infrastruktur fördern - von alternativen Antriebsstoffen wie Elektromobilität bis hin zu grünem Wasserstoff. Auch die Solar- und Windenergie sollen gefördert werden. Bidens Ziel ist es, dass die USA bis spätestens 2050 klimaneutral werden. 

(Reuters)