US-Verteidigungsminister Mark Esper will das wichtigste amerikanische Militärkommando in Europa von Stuttgart abziehen und ins belgische Mons verlegen, wo bereits die Nato ihr militärisches Hauptquartier betreibt.

Strategisch ist dieses Vorhaben nach Einschätzung von Experten durchaus sinnvoll, da Nato-Oberbefehlshaber Tod Wolters in Personalunion auch Kommandeur des US-Militärs in Europa ist - und damit sowohl das Nato-Hauptquartier Shape in Mons als auch das US Eucom in Stuttgart führt. Der Umzug von rund 2000 Soldaten aus Deutschland nach Belgien dürfte aber teuer werden, zumal noch völlig unklar ist, wo das Personal dort unterkommen soll. Am militärischen Nutzen der übrigen Truppen-Verlegungen innerhalb Europas zweifeln die Experten.

Der ehemalige Kommandeur des US-Heeres in Europa, der US-General im Ruhestand Ben Hodges, rechnet nicht mit einem raschen Umzug des US-Militärs von den Stuttgarter Patch Barracks in den arg in die Jahre gekommenen Nato-Komplex in Mons. "Das ist nicht, als würden Sie Ihr Zelt abschlagen und auf einem anderen Campingplatz wieder aufbauen", warnt er. "Shape muss dringend renoviert und wieder auf Vordermann gebracht werden." In die gleiche Kerbe haut Jamie Shea, früher ein hoher Nato-Funktionär, heute bei der Denkschmiede "Friends of Europe" in Brüssel. "Die Gebäude stammen alle aus den 60er Jahren - und so schauen sie auch aus. Der Komplex muss erneuert werden", sagt er Reuters.

Dennoch hält er den Umzug für vernünftig, um die Arbeit effektiver zu machen. "Auf der US-Seite gibt es für diese Entscheidung sicher überzeugendere Argumente als für den Beschluss, Tausende von Soldaten aus Deutschland abzuziehen", erklärt er unter Verweis auf die Doppelrolle des obersten US-Generals in Europa. Das amerikanische Militärkommando für Europa, US Eucom, ist seit 1967 in Stuttgart angesiedelt. Im selben Jahr zog Shape aus der französischen Stadt Rocquencourt bei Paris ins Camp Casteau, auf einen 200 Hektar großen Truppenübungsplatz der belgischen Armee nahe Mons, nachdem Frankreich den Ausstieg aus der integrierten Kommandostruktur der Nato angekündigt hatte.

Politische Motive

US-General Wolters begründete den geplanten Umzug nach Mons am Mittwoch damit, dass er die Effektivität der Arbeit erhöhen werde. Hodges dagegen scheint eher politische Motive hinter der Entscheidung zu vermuten, die als Teil des Abzugs von etwas 12'000 der insgesamt 36'000 in Deutschland stationierten US-Soldaten angekündigt wurde. US-Präsident Donald Trump hatte auf den Truppenabzug gedrungen. Er wirft Deutschland immer wieder vor, die USA auszunutzen und seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Nato nicht nachzukommen.

Hodges weist allerdings darauf hin, dass die beiden Länder, die am stärksten von den Truppenverlegungen innerhalb Europas profitieren werden - Italien und Belgien - ebenso wie Deutschland weit davon entfernt sind, das Nato-Ausgabenziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erreichen. "Was Sie hier beobachten können ist, wie General Wolters und Minister Esper ihr Bestes tun, um nach einer verqueren Entscheidung des Weißen Hauses im Nachhinein eine strategische Analyse zu erstellen und das Bestmögliche daraus zu machen", sagt Hodges Reuters. "Ich glaube, der Schaden hätte schlimmer ausfallen können."

Der deutsche General im Ruhestand Hans-Lothar Domröse, der bis 2016 im niederländischen Brunssum eines der höchsten Nato-Kommandos führte, geht ebenfalls davon aus, dass der Umzug des Stuttgarter Hauptquartiers nach Mons einen praktischen Nutzen bringen wird, indem der Reiseaufwand und die Kosten für den Betrieb der Infrastruktur sinken. Ebenso wie seine Kollegen ist er jedoch skeptisch, was die Absichten hinter der Entscheidung angeht. "Die Truppen innerhalb Europas neu zu verteilen, macht keinen Sinn", sagt er Reuters. "Da sind die Kosten höher als der militärische Gewinn. Das ist entweder ungeschickt – oder man will jemanden ärgern." 

(Reuters)