Das sagte Gmür am Mittwoch im Interview mit den "CH Media"- Zeitungen. Es brauche eine Lösung mit dem Bund als Hauptzahler im Schadenfall. Das grosse Ausmass der Schadenfälle im Zuge einer Pandemie und der Umstand, dass Schäden überall und gleichzeitig anfallen, sind laut Gmür die Gründe, dass dieses Risiko so nicht versicherbar ist. "Bei Corona rechnet die Weltbank mit globalen Schäden von 4500 Milliarden Dollar. Das sind 5 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung", sagte Gmür.

Für einen derartigen Kraftakt müsste die Versicherungsbranche laut Gmür die Prämieneinnahmen aus Versicherungen für Betriebsunterbrüche aus 150 Jahren zur Schadendeckung aufwerfen. "Das ist schlicht nicht machbar." Darüber hinaus fehle der Risikoausgleich, da aufgrund der zunehmenden Verknüpfung ganz viele Branchen betroffen seien.

Elementarpool als Vorbild

Um Firmen vor Pandemierisiken zu schützen braucht es laut Gmür eine partnerschaftliche Lösung von öffentlicher Hand und Versicherungsindustrie. Also eine Pandemieversicherung im Rahmen einer Public Private Partnership (PPP). Darüber diskutiert die Branche mit dem Bund seit letztem Frühling.

Im Rahmen einer PPP müsste der Bund einen grösseren Teil der Schäden übernehmen, fordert Gmür. Zudem brauche es ein Obligatorium, damit alle mit ihren Prämien mitzahlen. "Vorbild kann hier der Elementarschadenpool zur Deckung von Schäden aus Naturereignissen sein."

Wann es für Pandemien zu einer Lösung komme könnte, sei schwierig zu beurteilen. "Ein Obligatorium bräuchte wohl eine Verfassungsgrundlage und damit eine Volksabstimmung, und das dauert seine Zeit. Zudem tendiert der Mensch dazu, dass er Risiken systematisch ausblendet, gleichsam als Überlebensreflex. Und er ist vergesslich." Ein Scheitern der Bemühungen schliesst Gmür nicht aus.

Hängige Rechtsverfahren

Helvetia selber hat den Kunden mit einer Epidemieversicherung, die vor allem in der Gastrobranche angesiedelt sind, letzten Frühling zur Deckung von Corona-Schäden einen Vergleich angeboten. Dies auch weil die Rechtslage umstritten sei, sagte Gmür. In der Schweiz hätten 95 Prozent der betroffenen Betriebe den Vergleich akzeptiert, in Deutschland die Hälfte.

Einige Gastrobetriebe haben jedoch auch gegen Helvetia den Rechtsweg beschritten, um Schadenzahlungen einzufordern. "In der Schweiz laufen bis jetzt eine Handvoll Rechtsverfahren, entschieden ist noch keines", sagte Gmür. In Deutschland habe es bisher vier Prozesse gegeben, wovon Helvetia in erster Instanz drei gewonnen und einen verloren habe.

"Alle Prozesse werden wohl weitergezogen, und entscheidend wird sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland das Urteil des obersten Gerichts sein", glaubt der Helvetia-Chef. Bei seiner Versicherung sind Schäden einer Epidemie oder Pandemie nun nicht mehr versicherbar.

(AWP)