"Das Projekt zur Erneuerung der Grimselleitung hat nicht mehr unmittelbare Dringlichkeit, bestätigte Swissgrid-Kommunikationsleiterin Irene Fischbach am Samstag eine Meldung auf dem Online-Portal der "Berner Zeitung".

Nach wie vor sei die Erneuerung des Netzes an der Grimsel aber wichtig. Die Leitungen seien älter und müssten saniert werden. Geplant ist auch ein Kapazitätsausbau des Netzes von heute 220 auf 380 Kilovolt. Das Projekt ist auf der Zeitschiene einfach etwas nach hinten gerutscht, wie Fischbach ausführte.

Mittelfristplanung angepasst

Grund dafür sind unter anderem Verzögerungen bei Projekten der Kraftwerke Oberhasli KWO an der Grimsel. Da sich derzeit mit Strom aus Wasserkraft kaum mehr Geld verdienen lässt, sind Investitionen in grosse Wasserkraftprojekte wenig wahrscheinlich. Bekanntlich haben die KWO Ausbauprojekte auf Eis gelegt.

Dies sowie Verzögerungen im Kanton Wallis und bei Netzprojekten der Swissgrid führte dazu, dass die Stromnetzgesellschaft in ihrer Mittelfristplanung die Prioritäten etwas angepasst hat. Bei Swissgrid geht man nach heutiger Planung von einem Baustart im Jahr 2027 aus. Bisher hiess es , das Projekt solle bis 2025 fertig sein.

Offen ist nach wie vor, wie die neue Leitung dereinst geführt wird, ob tatsächlich in einem gemeinsamen Tunnel mit der Bahn, ob als Freileitung wie bisher oder ob Swissgrid alleine eine Erdverkabelung vornimmt.

Der definitive Variantenentscheid fällt nach Abwägung von raumplanerischen, technischen, wirtschaftlichen und Umweltaspekten durch die verfahrensführende Bundesbehörde.

Zwei Fliegen auf einen Schlag

Vor etwas mehr als einem Jahr präsentierten die Kantone Bern und Wallis das Projekt eines 22 Kilometer langen Bahn- und Stromtunnels durch die Grimsel.

An Bord geholt hatten sie Swissgrid, die ihre Starkstromleitungen an der Grimsel erneuern will. Statt jeder einsam, gehe es besser gemeinsam, befanden die Initianten. Sowohl die Bahn wie auch die Netzbetreiberin könnten mit dem Tunnel durch die Grimsel ihre Bedürfnisse mit der gleichen Infrastruktur abdecken. Und dies zu markant tieferen Kosten als bei einem Alleingang.

Die Investitionskosten des Tunnels werden grob auf 580 Millionen Franken veranschlagt. Die Grimselbahn AG und Swissgrid sollen sie anteilsmässig übernehmen. Für den Bahnteil hoffen die Initianten auf Bundesgelder.

St. Moritz, Andermatt, Montreux

Die Kantone versprechen sich vom Tunnel vor allem einen touristischen Nutzen. Die Grimselbahn würde das Schmalspurnetz nördlich und südlich der Alpen verbinden. Das 850 Kilometer lange Streckennetz wäre dann eines der grössten weltweit und würde Tourismusregionen wie Montreux, Interlaken, Luzern, Andermatt und St. Moritz verbinden.

Die Idee einer Bahnverbindung vom Oberhasli ins Goms geistert seit Ende des 19. Jahrhunderts herum. Immer wieder gab es mehr oder weniger abenteuerliche Ideen, darunter auch eine Strassenbahn über die Grimsel und die Furka nach Andermatt. Sie alle verschwanden aber stets in den Schublanden.

(AWP)