Bern (awp/sda/apa) - Nach den jüngsten Vogelgrippefällen weitet der Bund die Schutzmassnahmen auf die ganze Schweiz aus. Ab Mittwoch kann er unter bestimmten Bedingungen eine Stallpflicht für Geflügel erlassen. Am Neuenburgersee ist unterdessen ein weiterer Fall nachgewiesen worden.

Nachdem die Vogelgrippe am Bodensee und am Genfersee aufgetreten ist, verstärkt der Bund seine Massnahmen. Er weitet das so genannte Kontrollgebiet auf die ganze Schweiz aus. Damit soll verhindert werden, dass sich Hausgeflügel bei Wildvögeln mit der Krankheit ansteckt. Bislang galt das Kontrollgebiet nur entlang dem Bodensee.

"Unser einziges Ziel ist es, das Geflügel zu schützen", sagte Hans Wyss, Direktor des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), am Dienstag vor den Medien in Bern. Um jeden Kontakt der Tiere zu vermeiden, müssen Fütterung und Tränke in Zukunft in einem gegen aussen geschlossenen Stall stattfinden.

Falls sich diese Vorgaben nicht einhalten liessen, müssten die Tiere in geschlossenen Räumen oder in Stallsystemen mit einem dichten Dach und seitlichen Begrenzungen untergebracht werden. Dennoch sei es nicht notwendig, alle Tiere einzusperren, sagte Lukas Perler, zuständiger Bereichsleiter im BLV.

Präventive Massnahmen

In dieser Hinsicht gibt der Bund vorerst Entwarnung: Für eine Ansteckung in Schweizer Geflügelbetrieben gibt es laut BLV derzeit keine Anhaltspunkte. Die Massnahmen zielen darauf ab, dies "unter allen Umständen zu verhindern".

Der Bund fordert aber grosse Wachsamkeit und hält Geflügelhalter an, seine Empfehlungen umzusetzen. Diese seien verpflichtet, Aufzeichnungen zu auffälligen Tieren und besonderen Krankheitssymptomen zu machen, schreibt das BLV weiter. Ist ein Tier infiziert, müssen alle Tiere des Betriebes getötet werden.

In der Schweiz gibt es rund 20'000 Geflügelbetriebe. Aus Sicht des Bundes dürften die Massnahmen, die vorerst bis Ende Januar 2017 gelten, keine Probleme für die Tierzüchter darstellen. Das Virus ist nach heutigen Erkenntnissen nicht auf Menschen übertragbar.

Fälle an drei Schweizer Seen

Erstmals aufgetaucht ist die Vogelgrippe des Typs H5N8 vor rund zehn Tagen am Bodensee. Dort verendeten bislang 80 Wildvögel, hauptsächlich Reiherenten. Die hochansteckende Krankheit wird von Zugvögeln verschleppt, die auf der Reise in ihre Winterquartiere Zwischenhalte einlegen. Am Wochenende wurden zwei Fälle am Genfersee nachgewiesen.

Am Dienstag ist das Virus nun auch am Neuenburgersee nachgewiesen worden: In Estavayer-le-Lac FR fand ein Wildhüter-Fischereiaufseher einen toten, infizierten jungen Höckerschwan. Die Todesursache sei das H5N8-Virus gewesen, schreibt die Staatskanzlei des Kantons Freiburg in einer Mitteilung.

Österreich am stärksten betroffen

Eine besondere Herausforderung für den Bund ist die Tatsache, dass mit dem Bodenseegebiet gleich drei Länder betroffen sind. Deutschland, Österreich und die Schweiz sprechen sich bei der Lagebeurteilung und den Massnahmen ab. Dabei setzten die Staaten auf ein stufenweises Vorgehen und passten ihre Vorkehrungen der Lageentwicklung an, heisst es in der BLV-Mitteilung weiter.

Anders als die Schweiz hat Österreich eine Stallpflicht für Geflügel erlassen. Betroffen davon sind 13 Gemeinden im Bezirk Bregenz und Dornbirn. In Vorarlberg sind seit Ausbruch der Vogelgrippe insgesamt 150 verendete Wildvögel gefunden worden. Auch auf einem Trutenhof im Bezirk Bregenz war am Freitag das Virus festgestellt worden.

Auf einer Hühnerfarm im selben Bezirk war am Wochenende zunächst ebenfalls von einer Vogelgrippe-Infektion ausgegangen worden. Nach jüngsten Erkenntnissen ist das Geflügel dort aber vermutlich an einer normalen Grippe erkrankt, wie die Nachrichtenagentur apa meldete.

Dafür sind in einem Geflügelbetrieb in Norddeutschland Tiere an der Vogelgrippe erkrankt. Die Geflügelpest brach in einer geschlossenen Tierhaltung mit rund 30'000 Hühnern im Kreis Schleswig-Flensburg aus. Das nationale Referenzlabor, das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), wies am Samstag den hochpathogenen Erreger H5N8 nach. Aus Südungarn meldete die deutsche Nachrichtenagentur dpa ebenfalls Erkrankungen in einer Geflügelfarm.

(AWP)