In der Schweiz darf heute mit gewissen Einschränkungen für Tabakprodukte geworben werden. Verboten ist Tabakwerbung in Radio und Fernsehen sowie Werbung, die sich gezielt an Minderjährige richtet. Eine Mehrheit der Kantone hat weitergehende Verbote erlassen, etwa für Tabakwerbung auf Plakaten und im Kino oder für das Sponsoring von Veranstaltungen.

Dass die Verbote auch auf nationaler Ebene ausgeweitet werden sollen, war im Parlament unbestritten. Mit dem neuen Tabakproduktegesetz wird Werbung für Tabakprodukte und elektronische Zigaretten künftig auf Plakaten und im Kino schweizweit verboten. Auch dürfen Tabakkonzerne keine Zigaretten mehr gratis abgeben oder internationale Veranstaltungen in der Schweiz sponsern.

Die neuen Bestimmungen treten unabhängig vom Ausgang der Abstimmung in Kraft. Bei einem Ja zur Initiative von Volk und Ständen müsste die Vorlage jedoch verschärft werden.

Griffigere Regeln gefordert

Für die Trägerschaft der Volksinitiative "Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung (Tabakwerbeverbotsinitiative)" geht das neue Tabakproduktegesetz zu wenig weit. Sie fordert umfassendere Verbote. So soll Tabakwerbung überall dort verboten werden, wo Kinder und Jugendliche sie sehen können, zum Beispiel in der Presse, in Kiosken oder an Veranstaltungen.

Erlaubt wäre nur noch Werbung, die sich nur an Erwachsene richtet oder sich an Orten befindet, zu denen Minderjährige keinen Zugang haben. Verschiedene Studien zeigen, dass Kinder und Jugendliche häufiger mit Rauchen beginnen, je mehr sie mit Tabakwerbung in Kontakt kommen.

Hinter der Tabakwerbeverbotsinitiative stehen die grossen Gesundheitsorganisationen der Schweiz. Von den Parteien sind SP, Grüne, EVP und EDU im Initiativkomitee vertreten. Die GLP unterstützte die Initiative im Parlament mehrheitlich.

Die Befürworter der Initiative bringen auch finanzielle Argumente vor. Der Tabakkonsum verursache jedes Jahr direkte Kosten von drei Milliarden Franken im Gesundheitswesen. Jedes Jahr sterben demnach 9500 Menschen in der Schweiz an tabakbedingten Krankheiten. Mehr als 14 Prozent der Todesfälle in der Schweiz seien auf den Tabak zurückzuführen.

Wirtschaftsfreiheit gefährdet

Für die Gegner der Initiative sind diese Zahlen kein Grund, um ein weitreichendes Werbeverbot rechtfertigen zu können. Da es kaum Orte gebe, an denen sich Jugendliche nicht aufhalten, und kaum Medien, die nicht auch von Jugendlichen eingesehen werden können, führe die Initiative in der Praxis zu einem vollständigen Werbeverbot, argumentieren sie.

Auch die Gegner führen finanzielle Gründe für ein Nein ins Feld. Werbung sei eine nicht zu vernachlässigende Einnahmequelle für die Medien, den Kulturbereich, Festivals, kleine Geschäfte, Kioske oder Tankstellenshops. Es gehe um 11'000 direkte und indirekte Arbeitsplätze, die eine Wertschöpfung von über sechs Milliarden Franken pro Jahr generierten.

Die Nein-Komitees stellen die Vorteile des neuen Tabakproduktegesetzes in den Fokus ihrer Kampagne. Die Vorlage gehe weit, ohne die Bevormundung durch den Staat zu übertreiben, lautet der Tenor. Damit gelinge der Spagat zwischen griffigem Jugendschutz und der Wahrung wirtschaftlicher Interessen.

Im Parlament lehnten neben der FDP auch die SVP- und die Mehrheit der Mitte-Fraktion die Initiative ab. Auch der Gewerbeverband und der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse empfehlen ein Nein.

Initianten derzeit im Vorteil

Die ersten Umfragen zeigen, dass die Initiative durchaus Chancen auf Erfolg hat. Wäre am 25. Dezember oder Anfang des neuen Jahres über das Tabakwerbeverbot abgestimmt worden, hätte eine klare Mehrheit die Vorlage angenommen.

In der Erhebung des Forschungsinstituts gfs.bern im Auftrag der SRG gaben 73 Prozent der Befragten an, sie seien bestimmt oder eher für die Volksinitiative. 25 Prozent sprachen sich gegen das Begehren aus, 2 Prozent waren noch unentschieden.

Etwas weniger deutlich ist das Bild in der Umfrage von Tamedia und "20 Minuten". Hier befürworteten 67 Prozent der Befragten ein Tabakwerbeverbot, 31 Prozent äusserten sich dagegen, 2 Prozent machten keine Angaben.

(AWP)