Die Erziehungsdirektoren und die wissenschaftliche Corona-Taskforce des Bundes raten derzeit von flächendeckenden Schulschliessungen ab. Es seien sich aber alle Akteure einig, dass weitere Massnahmen in den Schulen nötig werden könnten, falls sich die neuen Virusvarianten stark ausbreiten, sagte Bundespräsident Guy Parmelin am Mittwoch vor den Medien.

Bisher hätten sich jedoch die bestehenden Schutzkonzepte in den Schulen wie Hygieneregeln, Maskenpflicht und das Lüften bewährt und würden umgesetzt, hält die Eidgenössische Erziehungsdirektoren-Konferenz (EDK) in einem Schreiben an den Bundesrat fest. Ausserhalb der Schule sei das Ansteckungsrisiko wesentlich höher.

Derzeit liegt die Entscheidungskompetenz für Schulschliessungen bei den Kantonen. Der Kanton Aargau hat davon am Mittwoch bereits Gebrauch gemacht. Vom kommenden Montag bis Ende Februar hat er für die Sekundarstufe II (Mittel- und Berufsfachschulen) Fernunterricht angeordnet. Der Aargauer Regierungsrat will damit in der Corona-Krise die Mobilität senken.

Lernende haben Anspruch auf Kurzarbeit

Ausserdem weitet der Bundesrat gemäss Wirtschaftsminister Parmelin in der Corona-Krise die Unterstützung im Bereich Kurzarbeit aus und verzichtet auf die Karenzfrist. Neu sind auch Lernende und Personen mit befristeten Arbeitsverhältnissen anspruchsberechtigt. Diese Massnahme ist bis zum 30. Juni 2021 befristet.

Der Bundesrat überlege sich zudem, das Solidarbürgschaftsgesetz mit den Covid-Krediten zu reaktivieren. Zu diesem Thema seinen Beratungen im Gange, erklärte Parmelin.

Bis 31. Dezember 2020 wurden 9,2 Milliarden Franken für die Kurzarbeit abgerechnet, wie Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), vor den Medien ergänzte. Für das Jahr 2021 rechnet der Bund mit weiteren 4 bis 5 Milliarden Franken.

Parmelin würdigt Bevölkerung

Parmelin zeigte sich erfreut darüber, wie die Bevölkerung in der Schweiz die neuen, drastischen Massnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus respektiert. "Natürlich ist noch nicht alles perfekt, aber das ist normal." Das Land meistere die Krise trotz Hindernissen gut.

Die Zahl der Neuansteckungen, Spitaleintritte und Todesfälle sei zwar in den vergangenen Tagen gesunken, die epidemiologische Lage bleibe jedoch angespannt, so Parmelin. "Die Zahlen sind immer noch zu hoch." Insbesondere die Ausbreitung der neuen, deutlich ansteckenderen Virusvarianten (Mutationen) bereitet den Behörden Sorgen.

Die Zahl der Ansteckungen mit den neuen Varianten verdoppelt sich weiterhin jede Woche. Entgegen ursprünglichen Annahmen ist die britische Mutation des Coronavirus bereits im Oktober erstmals in der Schweiz aufgetaucht, und zwar im Kanton Waadt, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) entsprechende Medienberichte bestätigte.

479 Mutationen nachgewiesen

Bis Mittwoch registrierte die Behörde insgesamt 479 Infektionen mit den mutierten Coronaviren, bei 186 Ansteckungen ist die Mutationslinie noch ungeklärt. Am meisten Ansteckungen mit Mutationen des Virus gab es mit 109 im Kanton Bern. Die Mutationen sind in 18 Kantonen und im Fürstentum Liechtenstein verbreitet.

Tests im Tessin weisen auf elf Ansteckungen mit der britischen Virus-Mutation hin, wie das Departement für Gesundheit und Soziales in Bellinzona am Mittwoch meldete. Es ist das vorläufige Ergebnis des flächendeckenden Tests an der inzwischen geschlossenen Mittelschule in Morbio Inferiore. Insgesamt seien 460 Personen getestet worden. Von den 25 positiv ausgefallenen Coronavirus-Tests bestehe bei elf der "dringende Verdacht" auf die britische Virus-Mutation, hiess es.

Laut dem Bundesrat hat die Schweiz bisher rund 500'000 Impfdosen erhalten. Das BAG sei daran, zusätzliche Impfdosen zu kaufen und Verträge mit weiteren Impfstoffproduzenten abzuschliessen, hiess es.

Aufgrund der zweiten Welle der Covid-19-Pandemie sind seit November landesweit bei etwa 19'000 Patientinnen und Patienten geplante medizinische Eingriffe verschoben worden. Normalisieren dürfte sich die Lage bei den Intensivbetten erst ab dem 10. Februar, wie die wissenschaftliche Corona-Task-Force des Bundes in einem Bericht vom Mittwoch festhält.

2727 neue Ansteckungen

In der Schweiz und in Liechtenstein sind dem BAG am Mittwoch innerhalb von 24 Stunden 2727 neue Coronavirus-Ansteckungen gemeldet worden. Gleichzeitig registrierte das BAG 70 neue Todesfälle und 137 Spitaleintritte.

Am Mittwoch vor Wochenfrist waren innerhalb von 24 Stunden 3001 neue Coronavirus-Ansteckungen, 58 neue Todesfälle und 147 Spitaleintritte gemeldet worden. Insgesamt sind bisher 8236 Menschen an oder mit Covid-19 gestorben.

Ab dem 1. Februar stehen 16 weitere Länder und Regionen neu auf der Liste der Länder, bei deren Einreise eine Quarantänepflicht gilt. Insgesamt sind es nun 36 Staaten und Gebiete. Neu auf der Liste stehen ab Anfang Februar auch Spanien, Portugal, Monaco, Slowakei, Estland, Lettland, Zypern, Israel und Libanon. Für Reisende aus Brasilien gilt die Vorschrift bereits ab Donnerstag.

(AWP)