Dabei geht es um die Frage, ob die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen ihrer Geldpolitik Staatsanleihen der Euro-Länder in Billionenhöhe aufkaufen darf. Am Dienstag wollen die Karlsruher Richter ihr Urteil vorlegen, das weitreichende Konsequenzen für die Währungshüter haben kann. Es sollte ursprünglich bereits am 24. März verkündet werden. Der Termin wurde aber aufgrund der sich verschärfenden Coronavirus-Krise auf Anfang Mai verschoben.

Im Extremfall könnten die Verfassungsrichter Deutschland beziehungsweise der Bundesbank untersagen, an solchen Anleihenkäufen teilzunehmen. Das hätte schwerwiegende Folgen für die Handlungsfähigkeit der Euro-Wächter. Denn auf die Bundesbank entfällt als größter EZB-Anteilseigener ein erheblicher Anteil der Käufe. Unlängst hatte die Euro-Notenbank im Kampf gegen die Coronavirus-Krise ein zeitlich begrenztes neues Rettungsprogramm zum Kauf von Staatsanleihen und anderer Bonds im Volumen von 750 Milliarden Euro beschlossen. Dieses ist zwar nicht Gegenstand des Verfahrens. Sollten die Richter aber Vorgaben für die Beteiligung an Staatsanleihenkäufen machen, könnte dies auch die Rettungsmaßnahmen in der Virus-Krise betreffen.

Gegen die Anleihenkäufe geklagt hatten unter anderem der frühere CSU-Politiker Peter Gauweiler, AfD-Gründer Bernd Lucke und der Berliner Finanzprofessor Markus Kerber. Sie sehen in den billionenschweren Transaktionen eine verbotene Staatsfinanzierung von hoch verschuldeten Euro-Ländern. Nach Auffassung der Kläger überschreitet die EZB damit ihr Mandat. Der Rechtsstreit zieht sich bereits seit Jahren hin.

Mittelpunkt des Verfahrens ist das laufende und bereits mehrfach verlängerte EZB-Programm zum Kauf von Staatspapieren der Euro-Länder, das in der Fachwelt "Public Sector Purchase Programme" (PSPP) genannt wird. Die Währungshüter begannen mit den Käufen im März 2015, um ein Abrutschen der Wirtschaft im Euro-Raum in eine gefährliche Deflation zu verhindern. Bis Ende 2018 wurden Titel im Volumen von rund 2,1 Billionen Euro erworben. Nach einer zeitweiligen Unterbrechung nahmen die Währungshüter das Kaufprogramm im November 2019 wieder auf.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Sommer 2017 Bedenken geäußert, ob die Käufe noch in den Kompetenzbereich der Euro-Notenbank fallen und sich mit mehreren Fragen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gewandt. Dieser hatte in einem viel beachteten Urteil im Dezember 2018 die Käufe für rechtens erklärt und damit der EZB einen weitgehenden Freifahrtschein ausgestellt. Damit waren nun wieder die Karlsruher Richter gefragt, die Ende Juli 2019 zwei Tage über die Käufe mündlich verhandelten.

(Reuters)