Ein schwächerer Franken ist das, was die Schweizerische Nationalbank (SNB) will. Mit Ausnahme des Yen, der schwedischen Krone und des südkoreanischen Won sind die Währungen wichtiger Wirtschaftsräume zum Franken seit Anfang Jahr gesteigen.

Exporteure und die Tourismusbranche sind insbesondere froh, dass der Wechselkurs des Frankens zum Euro bei knapp 1,10 liegt und nicht bei gut 1,06 wie vor einem Jahr. Dafür werden Ferien wieder teurer - sofern die Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus nicht ohnehin zu einem vorzeitigen Ende der Feriensaision führt. 

Kurse wichtiger Währungen zum Franken seit Anfang Jahr (Grafiken: Bloomberg).

Unter dem Strich ist der Euro zum Franken aber nur um 1,2 Prozent angestiegen. Seit einem Jahreshoch im Februar bei 1,1153 Franken hat der Euro sich wieder etwas abgeschwächt. Zwar mindert der starke Konjunkturaufschwung den Ruf des Frankens als "sicherer Hafen", doch speziell bei den Euroländern bleibt wegen der strukturellen Schwächen vieler Länder eine gewisse Skepsis, dass diese die Coronakrise wirtschaftlich schnell hinter sich lassen. Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) erwartet beim Kurs Euro-Franken eine Seitwärtsbewegung.

Der Euro-Franken-Kurs seit Anfang 2020 (Charts: cash.ch).

Obwohl der Franken zu vielen der grossen Währungen schwächer geworden ist, bleibt eine Besonderheit. Die Währungen der elf zur "G10" zählenden Gruppe von Industrienationen (Neben den G7 sind dies Belgien, die Niederlande, Japan und die Schweiz) hätten sich innerhalb eines Jahres alle zu einer Art fairer Bewertung bewegt, schreibt die Bank of America (BofA) in einem Marktkommentar – der Franken allerdings sei weiter überbewertet. 

Trotzdem prognostiziert die BofA keine erneute starke Franken-Aufwertung. Ein Grund dafür wäre nur eine erkennbar abweichende Geldpolitik zwischen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Ein solches Signal von der SNB hat es vergangene Woche bei der jüngsten geldpolitischen Lagebeurteilung nicht gegeben. Nach den Statements von SNB-Chef Thomas Jordan am Donnerstag wertete der Franken an den internationalen Währungsmärkten ab.

Dollar hat Zinsvorteil erhalten

Dass die SNB den Negativzins -0,75 Prozent aufrechterhält, prägt auch den Wechselkurs Dollar-Franken. Denn dadurch, dass die Währungspolitiker in Europa die Zinsen tief lassen, die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) aber über Zinserhöhungen spricht, bekommt die amerikanische Devise einen Zinsvorteil. Der Dollar ist seit Anfang Jahr zum Franken um 4,3 Prozent stärker geworden.

Auch der Dollar-Franken-Kurs liegt derzeit unter dem Jahreshoch 0,9437 Ende März. Doch allein die Fed-Sitzung zur Geldpolitik vergangene Woche hat den Kurs von unter der Schwelle  von 0,9 auf 0,9213 anspringen lassen. Das Niveau vom Jahreshoch bei über 0,94 könnte der Dollar bald wieder erreichen. Schwung ist im Moment genug da. 

Der Dollar-Franken-Kurs seit Anfang 2020.

Sollte sich eine noch schnellere Straffung der US-Zinspolitik abzeichnen, wird der Aufwertungsdruck des Dollar grösser. Die Anhebung der Zinsen ist für 2023 in Aussicht gestellt worden. Einen Hinweis auf die Zinspolitik in den USA könnten bald auch die Anleihenkäufe der Fed geben: Dann, wenn diese früher als bis jetzt angenommen zurückgefahren werden.

EZB-Chefin Christine Lagarde wiederum will über den Beginn eines solchen "Taperings" in der Eurozone noch gar nicht diskutieren. Ökonomen und Devisenspezialisten, die von einer Rally des Euro zum Dollar ausgangen waren, haben vergangene Woche diese Prognose teils revidiert. 

Einen Zinsvorteil könnte auch die Norwegische Krone erhalten. Die Währungshüter der Norges Bank in Oslo erwarten, dass sie im September eine Zinserhöhung vornehmen. Die norwegische Zentralbank wäre die erste Notenbank eines Industrielandes, das seit Beginn der Pandemiekrise Anfang 2020 die Zinsen anhebt.

Während Zinsen und die wieder hohen Wachstumsraten in der Weltwirtschaft  - oder auch der steigende Ölpreis wie beim Kanada-Dollar - wesentliche Treiber der Währungsentwicklung sind, ist der direkte Einfluss der Coronapandemie etwas in den Hintergrund getreten. Einen wesentlichen Einfluss hatten Fallzahlen und Inzidenzen nur beim britischen Pfund: Sterling hat zum Franken seit Januar um 5,5 Prozent aufgewertet, unter anderem, weil das Vereinigte Königreich einen schnellerem Impffortschritt verzeichnete als der Kontinent. Die Verschiebung der Corona-Lockerungen durch die Regierung in London wegen der Delta-Variante hat das Pfund aber wieder unter Druck gebracht, insbesondere zum Dollar.