Die Landtagswahl in Hessen gilt als Schicksalswahl für Angela Merkel. Sollte die CDU dort, ebenso wie gerade die CSU in Bayern, dramatische Stimmenverluste erleiden, könnte es für die langjährige CDU-Vorsitzende auf dem Bundesparteitag ihrer Partei im Dezember eng werden.

Doch als Kanzlerin muss Merkel sich auch um die SPD Sorgen machen. Sollten nämlich die Sozialdemokraten ähnlich abstürzen wie in Bayern, würde deren Führung wohl dem Ruf der Basis nach einem Austritt aus der ungeliebten grossen Koalition nachgeben müssen. Seit Anfang dieses Jahres regiert Merkel zusammen mit der SPD die Regierung - beide Parteien verfügen zusammen im deutschen Bundestag über die Mehrheit, wobei sie gemäss aktuellen Umfragen diese inzwischen bei Neuwahlen wohl nicht mehr erreichen würden.

Ginge die SPD aus der Regierung, stunde die Kanzlerin aber auch so mit einem Schlag ohne eine Mehrheit da. So dürfte Merkel am 28. Oktober heimlich auch dem hessischen SPD-Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel die Daumen drücken. Zumal der im Wahlkampf auf den Marktplätzen in den hessischen Städten Rüsselsheim oder Gross-Gerau ungefähr soviel Begeisterung erzeugt, wie Merkel einst in Torgau oder Chemnitz - also in Ostdeutschland, wo die härtesten Merkel-Gegner zuhause sind. "Der beisst nicht", betitelte der Spiegel seine Reportage über den sozialdemokratischen Herausforderer von CDU-Mann und Ministerpräsident Volker Bouffier.

Derweil machen sich Merkels Parteifreunde schon einmal Gedanken, was mit der Kanzlerin passiert, wenn Schäfer-Gümbel doch in Hessen scheitert und die SPD im Bund die Notbremse zieht. "In menschlichen Systemen hat immer alles seine Zeit. Irgendwann treten dann gewisse Ermüdungseffekte ein", orakelte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble jüngst in der italienischen Zeitung "Repubblica". Merkel sei "nicht mehr so unbestritten".

Schon machen in der Unionsführung Szenarien die Runde, wie es nach dem Verlust der Regierungsmehrheit weitergehen könnte. Er halte es für falsch, "wenn wir mit einer Minderheitsregierung regieren müssten", sagte etwa der Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, am Dienstag vor Journalisten in Berlin. Er halte nach wie vor Jamaika - eine Koalition aus Union, Grünen und Liberalen - für die beste Alternative. Ob an der Neuauflage solcher Verhandlungen allerdings Merkel noch teilnehmen würde, liess Grosse-Brömer offen.

(Bloomberg)