Ein Drittel der Schweizer Banken würden unter gewissen Umständen Negativzinsen an Kunden weitergeben. Der immer zum Jahresbeginn veröffentliche "Bankenbarometer" des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens EY (früher Ernst & Young) weicht diesbezüglich nicht stark vom Vorjahr ab: Vor allem im Privatkundengeschäft ist eine Weitergabe der Zinsen an die Privatkunden schon länger ein Thema - vor allem dann, wenn die Nationalbank den derzeitigen Minuszins von -0,75 noch ausweiten würde. Wenn diese Massnahme von Privatbanken ergriffen würde, dann allerdings eher bei Vermögen über 250'000 Franken.

Neu ist aber, dass sich auch Kantonalbanken Gedanken machen: Vor einen Jahr sagten nur 20 Prozent, dass sie durch den Minuszins verursachte Kosten direkt weitergeben könnten. Nun steht für 60 Prozent der Staatsinstitute diese Möglichkeit im Raum. Bei den Regionalbanken sagten vor einem Jahr ebenfalls 20 Prozent, Negativzinsen für Kunden seien kein Tabu. Aktuell sind es 38 Prozent.

Minuszins weitergeben oder höhere Gebühren?

Für Patrick Schwaller, Managing Partner und Bankenexperte bei EY Schweiz, ist das weitere Vorgehen der Banken nicht einfach abzuschätzen: "Negative Konsequenzen, die befürchtet werden, wie ein Run auf Einlagen, sind noch zu gross", sagt er im cash-Video-Interview.

Die Umfrage unter den Banken - EY befragt traditionell Privat- und Auslandsbanken sowie Kantonal- und Regionalbanken, aber nicht die UBS und die Credit Suisse - zeige aber auch, dass die Negativzinsen den Banken mehr Mühe bereiteten als noch vor einem Jahr.

Das Zinsdifferenzgeschäft, wichtiger Pfeiler vieler Banken, ist durch den Negativzins unter Druck - wobei es grundsätzlich noch profitabel ist. Als bisher einziges Schweizer Institut gibt die Alternative Bank Schweiz den Negativzins im Umfang von -0,75 Prozent weiter. Die Postfinance führt Negativzinsen ein, aber nur bei Vermögen über einer Million Franken. Andere Banken haben zum Teil die Gebühren erhöht, oder versuchen, sich mit Absicherungen und Finanzmarktgeschäften gegen die steigenden Kosten zu wappnen.

Stellenabbau nur bei kleinem Teil der Banken

Der Margenschwund aber im Zins- oder Kommissionsgeschäft bereitet den Banken indessen einige Sorgen. Gleichzeitig erfordert das Geschäft neue Investitionen. "Die Banken werden in den nächsten Jahren Effizienz- und Kostenmassnahmen umsetzen. 92 Prozent der 120 für die Erhebung befragten Banken glauben, dass ihre Renditen sinken werden. Gleichzeitig sind 80 Prozent mit ihrer operativen Leistung zufrieden.

"Die Banken hatten insgesamt ein relativ gutes Geschäftsjahr 2016", sagt Patrick Schwaller. Die meisten Banken würden auch von stabilen Mitarbeiterbeständen ausgehen. Gemäss der Umfrage glauben 3 Prozent, dass die in den nächsten sechs bis zwölf Monaten mehr als 10 Prozent der Mitarbeiter entlassen werden, während 12 Prozent eine leichte Reduktion der Stellenzahl erwarten.

Erstmals in der EY-Umfrage nimmt eine Mehrheit der teilnehmenden Banken so genannt brachenfremde Konkurrenz als Thema wahr. Im cash-Video-Interview äussert sich Patrick Schwaller auch zur Frage, inwieweit die Schweizer Banken die Umwälzungen durch die Digitalisierung ernst nehmen.