Wieso braucht es die Unternehmenssteuerreform III (USTR III)?

Auslöser der USTR III waren der Steuerstreit der Schweiz mit der EU und der zunehmende internationale Steuerwettbewerb. Innerhalb der EU und auf Ebene der OECD kam es bereits zu verschiedenen Massnahmen, die den Steuerwettbewerb eindämmen sollen. Unter internationalem Druck hat sich die Schweiz bereit erklärt, ihre Unternehmensbesteuerung den internationalen Standards anzupassen.

Was ist das Ziel der Reform?

Die USTR III verfolgt mehrere Ziele: Die Schweiz soll den internationalen Standards genügen, gleichzeitig aber auch als Unternehmensstandort attraktiv bleiben. Ausserdem sollen Bund, Kantonen und den Gemeinden ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Wer ist von der Reform betroffen?

Bisher privilegiert besteuerte Holding-, Domizil- und gemischte Gesellschaften werden durch die USTR III ihren Spezialstatus verlieren. Sie sollen in Zukunft steuerliche Mehrbelastungen in Kauf nehmen müssen. Aber auch die meisten restlichen Unternehmen der Schweiz werden von den Veränderungen betroffen sein. Kommt es durch die Abschaffung der Steuerprivilegien zum Exodus steuerprivilegierter Unternehmen, könnten sich die Steuern für Unternehmen in der Schweiz erhöhen. Andererseits ist in der Reform bewusst eine Reihe von steuerlichen Vergünstigungen vorgesehen, um dieser Mehrbelastung entgegenzusteuern. In der Summe ist unklar, ob für einzelne Firmen eine steuerliche Mehrbelastung entsteht oder sogar eine Steuererleichterung. Ebenfalls von der Reform betroffen sind Grossaktionäre mit über 10-prozentiger Beteiligungsquote. Für sie fallen höhere Dividendensteuern an.

Welches sind die wichtigsten Punkte der Reform im Detail?

Abschaffung von Steuerprivilegien: Bisherige kantonale Steuerprivilegien für international tätige Spezialgesellschaften werden abgeschafft. Diese Abschaffung bedeutet für die Schweiz im internationalen Wettbewerb einen Nachteil. Es besteht die Gefahr, dass Firmen ins Ausland abwandern und somit die Steuereinnahmen massiv verringert werden. Um dem gegenzusteuern, sollen neue Steuererleichterungen helfen, die Schweiz attraktiv zu halten.

Patentbox und erhöhte F&E-Abzüge: Gewinne aus im Inland entwickelten Patenten und ähnlichen Rechten werden steuerlich begünstigt. Neben diesem Element, welches bei den Erträgen ansetzt, erhalten Kantone gleichzeitig auch die Möglichkeit, steuerliche Abzüge für Aufwendungen in der Forschung und Entwicklung (F&) geltend zu machen.

Abschaffung der Emissionsabgabe: Die Emissionsabgabe auf dem Eigenkapital wird ersatzlos gestrichen.

Senkung der kantonalen Gewinnsteuersätze: Kantone senken die Steuersätze auf Kantons- und Gemeindeebene, um die Standortattraktivität aufrecht zu halten. Die Kantone werden dabei vom Bund unterstützt, indem neu 20,5 Prozent statt wie bisher 17 Prozent der direkten Bundessteuer an die Kantone geht.

Weitere Massnahmen: Die Botschaft des Bundesrates beinhaltet weitere Massnahmen wie Erleichterungen bei der Kapitalsteuer und eine einheitliche Regelung zur Aufdeckung stiller Reserven.

Wie sollen die dadurch entstehenden Steuerausfälle kompensiert werden?

Damit die finanziellen Ausfälle durch die neuen Massnahmen nicht zu hoch ausfallen, werden Anteilseigner an Unternehmen künftig höher besteuert. Neu sollen Dividenden zu 70 Prozent steuerbar sein, wenn eine Beteiligungsquote von mindestens 10 Prozent vorliegt. Bis anhin werden Dividenden mit der gleichen Beteiligungsquote je nachdem, ob es sich um Privat- oder Geschäftsvermögen handelt, zu 60 bzw. 50 Prozent versteuert.

Wie hoch sind die derzeitigen Gewinnsteuereinnahmen beim Bund und Kanton durch privilegiert besteuerte Gesellschaften?

Wie offizielle Zahlen des Bundes zeigen, betrugen im Durchschnitt der Jahre 2009-2011 die entsprechenden Gewinnsteuereinnahmen der Kantone und ihrer Gemeinden 2,1 Milliarden Franken (21% der gesamten Einnahmen aus der Gewinnbesteuerung). Die entsprechenden Einnahmen des Bundes betrugen im gleichen Zeitraum rund 3,2 Milliarden Franken (49% der gesamten Einnahmen aus der Gewinnbesteuerung).

Der Anteil an den gesamten Gewinnsteuereinnahmen ist jedoch von Kanton zu Kanton stark unterschiedlich. Während dieser in Kantonen wie Basel (58 Prozent), Zug (51 Prozent), Schaffhausen (43 Prozent) oder Genf (32 Prozent) relativ hoch ist, ist er in anderen Kantonen wie Wallis (1 Prozent), Aargau (1 Prozent), Solothurn (2 Prozent) oder Zürich (8 Prozent) wiederum sehr gering. Die genauen Zahlen hat KMPG in diesem Dokument veröffentlicht.

Wie sieht der Fahrplan zur USTR III aus?

Am 5. Juni hat der Bundesrat die Botschaft zum Bundesgesetz über die Unternehmenssteuerreform verabschiedet und zur Beratung dem Parlament überwiesen. Die parlamentarischen Beratungen werden voraussichtlich vom Herbst 2015 bis Frühling 2016 dauern. Anpassungen sind noch möglich. Anschliessend besteht die Möglichkeit, das Referendum zu ergreifen und das Volk über die Reform abstimmen zu lassen. Die Unternehmenssteuerreform II kam übrigens 2008 vor das Volk und wurde mit 50,5 Prozent nur hauchdünn angenommen. Die USTR III kann frühestens im Januar 2018 in Kraft treten, bei einem Referendum würde sich die Einführung, eine Annahme des Volkes vorausgesetzt, wohl bis 2020 verzögern.

Was sagen die Parteien zur Reform?

Aus linken Kreisen ist Kritik zu hören. Die Bürgerlichen würden die Vorlage zunehmend in ein grossangelegtes Steuersenkungsprogramm verwandeln. Die SP will die USTR III in der aktuellen Form nicht akzeptieren und kündigte bereits ein Referendum an. Obwohl das Hauptanliegen, die Beseitigung der kantonalen Sonderstatusgesellschaften, von der Partei unterstützt wird, befürchtet sie ein Milliarden-Loch in der Bundeskasse. Insbesondere der Verzicht auf die ursprünglich vorgesehene Kapitalgewinnsteuer für Wertschriften, die der Bundesrat etwas überraschend aus der Reform gekippt hat, ist der SP ein Dorn im Auge.

Für die SVP geht die Vorlage noch zu wenig weit. Man befürchtet eine signifikante Abwanderung von Steuersubstrat. Unzufrieden ist die Partei vor allem darüber, dass im Paket neu auf die zinsbereinigte Gewinnsteuer (NID) verzichtet wird. Diese sah vor, dass beim Eigenkapital gewisse steuerliche Abzüge geltend gemacht werden können. Damit sollte verhindert werden, dass eine hohe Fremdkapitalisierung, also eine hohe Verschuldung, steuerlich bevorteilt wird. Auch Economiesuisse pocht auf der Beibehaltung der NID, zeigt sich alles in allem jedoch sehr erfreut über die Vorschläge des Bundesrats.

Die FDP betont, dass Nichtstun der Schweiz teuer zu stehen kommen würde. Die Reform sei deshalb vordringlich, jede Verzögerung würde Rechts- und Planungsunsicherheit schaffen. Dabei sei es jedoch wichtig, dass sich die Reform auf wenige notwendige Punkte beschränke, welche die Attraktivität des Schweizer Standorts im internationalen Kontext sichere.