"Kununu ist eine Einbahnstrasse. Es profitieren nur die Arbeitnehmer, aber nicht die Arbeitgeber. In der Schweiz sollte ein solches Geschäftsmodell keinen Platz haben." Das sagt der Chef einer Schweizer Organisationsberatung, der seinen Ärger über Kununu nicht verbirgt. Erst einmal kam der Unternehmer mit dem Portal für Arbeitgeber-Bewertungen in Kontakt – und hat nur Negatives zu berichten.

Nach der Kündigung einer Mitarbeiterin folgten "aus dem Frust zusammengelogene Passagen" auf Kununu. Eine Kontaktaufnahme mit den Betreibern der Plattform verlief erfolglos. Ein Profil für Arbeitgeber anlegen will der KMU-Chef nicht, weil das jährlich über 4500 Franken kostet. Etwas viel, um mit unsicherem Ausgang gegen einen unliebsamen Kommentar vorzugehen. Schliesslich schaltete der Unternehmer einen auf Internet-Recht spezialisierten Anwalt ein. Wie die Geschichte ausgehen wird, ist noch unklar. Der Eintrag bleibt vorerst bestehen.

Auf Internet-Bewertungsportalen wie Kununu können Arbeitnehmer Unternehmen mit einem Sternesystem bewerten und Kommentare abgeben. Im englischsprachigen Raum ist Glassdoor Marktführer. Im deutschsprachigen Raum sind auch noch Jobvote und Companize aktiv, aber die Xing-Tochter Kununu hat mit Abstand am meisten User. In der Schweiz sind es aktuell 122'000 Bewertungen für über 28'500 Firmen.

Anonymität als grosses Problem

Benutzer auf Plattformen wie Kununu können ihre Bewertungen als aktuelle oder als ehemalige Mitarbeitende einer Firma veröffentlichen. Sie können aber auch frei erfundene Voten bei beliebigen Firmen platzieren, denn die ganze Sache läuft anonym ab.

Kununu schreibt zum Problem der Anonymität: Jeder Besucher, der eine Bewertung abgeben möchte, müsse sich "mit einer ordnungsgemässen Mailadresse" registrieren. Schimpfwörter und namentliche Erwähnungen würden herausgefiltert. Zudem habe jeder Arbeitgeber die Möglichkeit, Kununu betreffend Bewertungen mit "bedenklichem Inhalt" zu benachrichtigen.

Doch hier liegt aus Firmensicht offenbar ein grosses Problem. Im Internet häufen sich die Berichte von harziger bis vergeblicher Kommunikation mit Vertretern von Kununu. Und das betrifft nicht nur negative Bewertungen. Das Informatik-Magazin Inside-It berichtete kürzlich von mehreren Firmen, die sich über unerklärliche positive Ratings wunderten. Ratings, die offenbar von erfundenen Profilen abgegeben wurden. Auch falsch geschriebene Firmennamen sind auf Kununu keine Seltenheit (siehe Bild unten).

Knapp daneben: Ausschnitt aus einer Bewertung des Logistik-Unternehmens Kühne + Nagel (Quelle: kununu.com)

"Hier haben die Datenschützer etwas verschlafen. Vermutlich braucht es einmal einen Entscheid des Bundesgerichts", sagt der eingangs erwähnte Organisationsberater zu cash.

Weniger kritisch ist ein Unternehmen, das auf Kununu fast durchwegs gut wegkommt. "Mein Verhältnis zu öffentlichen Bewertungsportalen ist gespalten", sagt Ursula Erhart, Personalverantwortliche beim IT-Dienstleister UMB. Grundsätzlich begrüsse sie die Möglichkeit der Bewertung. Doch die Anonymität dieser Portale könne dazu verleiten, einen persönlichen Frust loszuwerden und nicht mehr sachlich zu sein.

Deshalb ist es bei UMB Chefsache, wenn ein Kommentar auf Kununu eingeht. Alle Bewertungen werden vom CEO persönlich beantwortet. Die Zufriedenheit des Teams holt UMB zudem auch mit internen Befragungen ab, die ebenfalls anonym sind.

Auch Arbeitnehmer sind herausgefordert

Doch bei Arbeitgebern hört der schwierige Umgang mit solchen Portalen nicht auf. Auch für Arbeitnehmer oder Leute auf Jobsuche kann es eine Herausforderung sein, anonyme Bewertungen und Kommentare einzuschätzen. "Wir machen vermehrt die Erfahrung, dass Jobsuchende verunsichert sind, wenn sie negative Einträge lesen", sagt Personalberater Gabriel Bosson im Gespräch mit cash.

In einem solchen Fall rät der Karriere-Experte von p3b, einzelne Kommentare nicht zu hoch zu bewerten. Wie auf einem Restaurant-Portal sollten gerade extreme Positionen auf ihre Häufigkeit überprüft werden und grundsätzlich sollte die Anzahl Bewertungen in Relation zur Firmengrösse und zur Gesamtzahl der Bewertungen und Kommentare gesetzt werden.

Verfestigt sich allerdings ein bestimmter negativer Eindruck, dürfe man sich auch nicht zu schade sein, diese bei einem Vorstellungsgespräch zu thematisieren, so Bosson.