Pharmavertreter wie Novartis-Chef Joe Jimenez haben die Idee schon vor einiger Zeit aufs Tapet gebracht: Die Bezahlung von Medikamenten soll sich künftig nach dem Nutzen richten statt der Anzahl verkaufter Pillen. Für die Pharmaindustrie ist das ein Weg, ihre hohen Preise zu rechtfertigen.

Die jüngsten Kontroversen über Medikamentenpreise hätten die bereits angeschlagene Reputation der Pharmaindustrie weiter geschädigt, schreibt Jimenez in einem Gastbeitrag auf der Webseite des WEF. Die Branche muss sich laut Jimenez stärker bemühen zu zeigen, dass sie ihr Geld auch wert ist.

Die Pharmaindustrie steht unter wachsendem Druck. Besonders in den USA waren die hohen Medikamentenpreise ein wichtiges Thema im jüngsten Präsidentschaftswahlkampf. Die unterlegene Demokratin Hillary Clinton hatte sich den Kampf gegen den Wucher auf die Fahnen geschrieben. Auch Donald Trump, der am Freitag das Präsidentenamt übernimmt, verkündete jüngst, bei Medikamenten auf Preissenkungen zu drängen.

SYSTEMWECHSEL "UNAUSWEICHLICH"

Mit dem Systemwechsel könne die Verschwendung reduziert werden, argumentiert Jimenez. Heute werde viel Geld in unwirksame Therapien gesteckt. An einer Diskussionsrunde am WEF waren sich die Teilnehmer einig, dass ein solcher Systemwechsel unumgänglich sei. Für Lloyd Dean, Chef des US-Spitalbetreibers Dignity Health, muss die Finanzierung nutzenbasiert erfolgen: "Ich denke, dieses Pferd hat den Stall schon verlassen", sagte er.

Omar Ishrak, Chef der Medizintechnik-Firma Medtronic, sagte: "Die Frage ist nur, wie man dieses System umsetzt." Hier werde es schwierig: Wie wird die Wirksamkeit definiert und gemessen? Wie können zudem verschiedene Faktoren wie Diagnose und Behandlung beurteilt werden? Laut Ishrak wird es einen langen Prozess brauchen, um solche Fragen zu klären: "Wir können nicht einfach einen magischen Schalter umknipsen", sagte er.

MEHR PRÄVENTION

Als erstes müsse dazu eine entsprechende Dateninfrastruktur aufgebaut werden, sagte Jimenez. In Europa sei diese schon weit fortgeschritten, in anderen Ländern hingegen stehe die Nutzung der Daten erst am Anfang. Doch der Systemwechsel sei "unausweichlich". "Wenn wir den demografischen Trend anschauen, kommt eine gewaltige Last auf das Gesundheitssystem zu."

Das Sparen muss allerdings künftig weit früher beginnen als erst bei der Behandlung von Krankheiten. Das Gesundheitssystem müsse viel breiter gefasst werden als dies heute der Fall sei, sagte Risa Lavizzo-Mourey, Chefin der Gesundheitsstiftung Robert Wood Johnson Foundation. Beispielsweise könne durch soziale Unterstützung bereits ein grosser Teil der Spitalaufenthalte verhindert werden.

(AWP)