"Es haben viele am Standort Frankfurt interessierte Banken bei uns angeklopft und ich habe viele interessante Gespräche geführt", sagte Dombret in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Werbung für die Mainmetropole betreibt die Bundesbank aber nicht: "Die britischen Banken entscheiden selbst, wo sie sich ansiedeln."

Frankfurt gehört neben Paris, Mailand, Amsterdam und Dublin und Luxemburg zu den Zentren, die sich Hoffnung auf den Zuzug von Geldhäusern, Vermögensverwaltern und Investmenthäusern machen, wenn Grossbritannien nicht mehr Teil der EU sein wird. Experten zufolge haben die Hessen gute Chancen, Institute zu gewinnen - schliesslich sitzt in Frankfurt mit der EZB die oberste Bankenaufsicht der Euro-Zone.

Bei der Verlagerung von Finanzgeschäften in die EU wird ein Standort aber nicht allein das Rennen machen, meint Andreas Dombret, der in der Bundesbank-Führung für die Aufsicht der Geldinstitute zuständig ist: "Ich gehe nicht davon aus, dass alle Banken in die gleiche Stadt auf den Kontinent ziehen werden." Vielmehr werde es sich "schon ein wenig verteilen". Das bedeute aber auch, dass sich Risiken verteilten: "Eine gesunde Entwicklung", so Dombret.

Grossbritanniens Regierungschefin Theresa May unterzeichnete am Dienstagabend den Antrag zum Austritt des Landes aus der Ländergemeinschaft. Die britische Regierung und die EU haben zwei Jahre Zeit, die Bedingungen für die Scheidung auszuhandeln. May strebt einen harten Schnitt mit dem Kontinent an und will das Land aus dem Binnenmarkt und der Zollunion herausführen. In London ansässige Finanzinstitute brauchen dann eine eigene Gesellschaft mit Lizenz in einem EU-Land, um ihre Produkte und Dienstleistungen in den verbleibenden 27 Mitgliedstaaten vertreiben zu dürfen. Das ist die Grundlage des so genannten EU-Passes für Banken.

Keine «Regulierung light»

"Folgende Fehler dürfen jetzt nicht passieren: Erstens dürfen wir die Briten nicht für ihre Entscheidung, die ja eine demokratische Entscheidung war, bestrafen", sagte Dombret. Zweitens dürfe es keine Rosinenpickerei der britischen Seite geben. Eine "Regulierung Light" werde es beim Zuzug von vor dem Brexit fliehenden Geldhäusern nicht geben, betonte der 57-Jährige, der vor seinem Wechsel zur Bundesbank Deutschland-Chef der Bank of America war. "Wenn sich hier ein Bankgeschäft ansiedelt, muss auch die Verantwortung vor Ort liegen, das heisst die Geschäftsleitung, das Risikomanagement – anders geht das nicht", sagte der Notenbanker. Briefkastenfirmen oder leere Unternehmenshüllen, bei denen Geschäfte tatsächlich weiter aus London heraus betrieben werden, sollen nicht akzeptiert werden: "Man darf Standards überbieten, aber nicht unterbieten."

Eine Übernahmewelle in der Branche nach einem Zuzug von Instituten hält der Bundesbank-Vorstand für unwahrscheinlich. "Ich glaube das nicht. 99 Prozent der deutschen Banken sind nicht mit den Banken, die möglicherweise hierher kommen, direkt im Wettbewerb." Das treffe bei weitem nicht auf die grosse Anzahl der knapp 1900 Banken und Sparkassen zu, die hier ansässig seien.

(Reuters)