cash: Herr Dennis, wird der so genannte Währungskrieg noch andauern?

Clive Dennis: Davon gehen wir aus. Das ist die grösste Herausforderung für Währungsinvestoren und alle anderen Investoren. Sobald eine Notenbank ihren geldpolitischen Kurs anpasst, löst dies Reaktionen bei anderen Notenbanken aus und so weiter.

Sind in einem solchen Umfeld Prognosen überhaupt noch möglich?

Wir verwenden seit einigen Jahren viel mehr Zeit damit, die Notenbankbilanzen genau zu studieren. In den Vordergrund gerückt sind auch die Analyse von Entschuldungsprozessen bei Staaten und Banken.

Für das 2013 sagten Währungsexperten ein Dollar-Jahr voraus. Sie lagen daneben. Wie sieht es für den Dollar 2014 aus?

Wir mögen den US-Dollar immer noch im Moment. Wir glauben, dass die Fed in den kommenden drei bis sechs Monaten weniger Anleihen aufkaufen wird. Dies wird die Rendite auf US-Treasuries wieder auf über 3 Prozent treiben und so dem Dollar Auftrieb geben. Der Dollar wird gegenüber dem Euro in den kommenden sechs Monaten gegen 1,25 Dollar pro Euro steigen. Gegenüber dem Franken wird der Dollar gegen Parität klettern.

Und danach?

Mittelfristig hingegen wird sich die Dollar-Hausse kaum fortsetzen. Zum einen wegen der hohen Verschuldung der USA, zum anderen wegen des zu optimistischen Prognosen hinsichtlich des US-Wachstums. Im zweiten Halbjahr wird die Diskussion wieder zugunsten mehr Quantitative Easing drehen. Was den Dollar erneut unter Druck setzen wird.

Sind die Folgen einer geldpolitischen Straffung überhaupt abschätzbar?

Nein, das kann niemand abschätzen. Auch die Notenbanken wissen nicht mehr als wir. Zwar glauben die Notenbanker, sie hätten mit der Geldflut etwas Positives bewirkt. Faktisch wissen sie aber nicht, was sie tun. Wir befinden uns geldpolitisch in einer neuen Welt. Es gibt kein historisches Beispiel, wo die wichtigen Notenbanken zusammen innert nur weniger Jahre ihre Bilanzen dermassen aufgebläht haben. Die wahren Kosten beziehungsweise der Nutzen dieser 'Geldschleusen-auf-Politik' werden sich erst beim Verlassen dieser Politik offenbaren.

Was glauben Sie werden die Notenbanken – namentlich das Fed – unternehmen?

Sie wird vermutlich andere Tools einsetzen. Die Devise wird sein: Lasst uns etwas weniger QE machen, und gebt dem Markt mehr Forward Guidance, wie zum Beispiel: Wir halten die Zinsen bis mindestens 2015 nahe beim Nullpunkt.

Aber wie erfolgreich ist eine solche verbale Interventionsstrategie?

Für sich alleine genommen, ist sie unglaubwürdig. Das haben wir in Grossbritannien gesehen. Als sich die Konjunkturdaten erholten, glaubte keiner mehr an die verbalen Versprechen der Notenbank.  Dasselbe gilt für die USA. Sobald die US-Wirtschaft deutlich an Schwung gewinnt, wird die Forward Guidance der Fed unglaubwürdig.

Sind Zentralbanken überhaupt fähig, ihre Geldpolitik herunterzufahren, ohne einen Zinsschub auszulösen?

Nicht wirklich. Letzten Sommer haben wir einen Vorgeschmack bekommen, was an den Börsen und der Zinsfront passieren kann, als Bernanke eine mögliche Straffung der Geldpolitik ins Feld führte. Die Börsen korrigierten deutlich und die Bond-Renditen schossen von 1,5 auf gegen 3 Prozent hoch, ohne dass die Fed angefangen hatte, die Bondkäufe zu reduzieren. Wir glauben, dass ein Tapering einen dramatischen Einfluss auf die US-Zinsen hätte und somit auch auf den Aktienmarkt.

Wann glauben Sie, wird die Fed mit dem Tapering beginnen?

Das ist schwierig zu sagen. Klar ist, dass es eine Zweiteilung gibt im Offenmarktausschuss. Die eine Hälfte drängt auf eine Reduktion der Anleihenkäufe, weil die Gefahren einer solchen expansiven Geldpolitik deren Nutzen nicht mehr rechtfertigt. Die andere Hälfte hält am Status quo fest.

Die Inflationsraten sind derzeit tief. Dauert dieser Zustand weiter an?

Es kommt auf die Region an. In den nächsten 12 Monaten sind Inflationsrisiken in den Emerging Markets höher als in den entwickelten Ländern, mit Ausnahme von Japan. Wenn man den Inflationstrend über die letzten sechs Monate annualisiert, dann hat die Inflation in Japan zugelegt, während in Europa, den USA und in Großbritannien die Raten rückläufig sind. Inflation zeigt sich aber auch in Europa und in den USA durch die gestiegenen Häuserpreise. Auch Preise von Nutzgütern sind stark angestiegen.

Noch ein Wort zur Schweiz: Wird die Schweizerische Nationalbank die Kursuntergrenze bald aufheben?

Sicher nicht in den kommenden zwölf Monaten.

Ist der Franken immer noch eine Safe-Haven-Währung?

Vor dem Hintergrund, dass die Schweizerische Nationalbank ihre Bilanz zur Verteidigung des Franken enorm aufgebläht hat, glauben wir nicht, dass der Franken noch als Safe Haven gelten kann. Wir raten daher von Franken-Investments ab. Klar ist hingegen, dass bei zunehmenden Friktionen innerhalb der EU, Investoren wieder verstärkt in die Schweiz und Deutschland investieren werden.


Im cash-Video-Interview sagt Clive Dennis, weshalb der politische Einfluss auf Währungsprognosen weiter anhalten wird. Er nennt zudem die grössten Gefahren für die Finanzmärkte im kommenden Jahr.

Das Gespräch mit Clive Dennis wurde am Rande der Schroders International Media Conference 2013 geführt, die vergangene Woche in London stattgefunden hatte.