Im Mai 2020 verkündete Präsident Xi Jinping Chinas neue Wirtschaftsausrichtung der "zwei Kreisläufe" für die kommenden Jahre. Dabei wird, in einem Kreislauf, die Entwicklung der Binnenwirtschaft gefördert. Längerfristig sollen alle strategischen Güter vor Ort produziert und ein weitgehend autarkes System geschafft werden. Beim zweiten Kreislauf, dem Aussenhandel, liegt das Gewicht auf stärkerem Warenaustausch mittels regionalen Handelsbündnissen.

Die "Global Times", die Propaganda-Zeitung der regierenden Kommunistischen Partei, schrieb damals: Die Ausrichtung der zwei Wirtschaftskreisläufe sei eine Antwort auf Donald Trumps Politik der weitgehenden Abkopplung der amerikanischen von der chinesischen Wirtschaft. "China könnte gezwungen sein, Nordamerika und Australien den Rücken zu kehren und sich gleichzeitig stärker auf die Bildung engerer wirtschaftlicher Partnerschaften mit anderen Volkswirtschaften konzentrieren."

Die Ansage, damals noch im Konjunktiv formuliert, wird nun zunehmend Wirklichkeit. Denn nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine und der weitgehenden Isolierung des Gewaltherrschers Wladimir Putin müssen wir uns auf eine neue globale Wirtschaftsordnung einstellen, die auseinanderdriftet. Auf der einen Seite die liberalen Volkswirtschaften unter der Führerschaft der USA. Auf der anderen Seite quasi ein neuer Ostblock mit China im Lead sowie Russland und anderen Ländern in Asien, Lateinamerika und vor allem auch in Afrika als Verbündete. 

Denn je länger der Krieg in der Ukraine dauert (wovon auszugehen ist) und je brutaler die russische Armee gegen die ukrainische Bevölkerung vorgeht (was leider ebenfalls zu befürchten steht), desto mehr werden die USA Druck auf China ausüben, Stellung zu beziehen. "You are either with us or against us" - die USA wollen von den Nationen klare Antworten wie 2001 nach den Terror-Attacken. 

Zwar drückt sich China offiziell um eine klare Antwort. Doch in den staatlich kontrollierten Medien und auch in den Sozialen Medien wird das absurde Narrativ Russlands übernommen: Die Schuld am Ukraine-Krieg tragen die USA, das anachronistische Gewaltdenken Putins wird gerechtfertigt. China sieht mit Blick auf die russischen Bodenschätze natürlich  die Chance gekommen, mit Russland eine für sich vorteilhafte Zweckehe einzugehen und den nördlichen Nachbarn zu einem Vasallenstaat zu machen.

Es zeichnen sich also, um beim Bild von China zu bleiben, in Zukunft zwei Wirtschaftskreisläufe ab, bloss auf globaler und konkurrierender Ebene. Der Ukraine-Krieg beschleunigt somit auch die Erosion der Globalisierung, die Handelsdaten zufolge bereits 2008 ihren Höhepunkt erreicht hatte. Diese Deglobalisierung wird enorme Auswirkungen haben. Es wird teuer. Die Rückführung der Produktion in heimische Sphären werden allen voran die Konsumenten spüren. Die Zeit billiger Produkte geht zu Ende, Güter und Rohstoffe werden knapper. In einer Welt, die wirtschaftlich weniger verbunden ist, werden auch die Konflikte zunehmen.

Westlichen Unternehmen, die zum Beispiel in China tätig sind, muss diese Entwicklung zu denken geben. Eine Entwicklung, die auch nach einem unwahrscheinlichen Machtumsturz in Moskau voranschreiten wird. Die Unternehmen sollten mittel- und langfristige Szenarien von Exits einplanen, falls dies nicht bereits auf der Agenda stand. 

Unrealistisch? So hatte man auch über einen möglichen Einmarsch Russlands in die Ukraine geurteilt.