An der internationalen Luftfahrtschau, die dieser Tage in Le Bourget bei Paris stattfindet, ordern Fluggesellschaften im grossen Stil Jets. Die zwei grössten Anbieter am diesjährigen "Aérosalon" in Frankreich (dort findet die wichtigste Flugshow der Welt abwechselnd mit Farnborough in England alle zwei Jahre satt) sind und bleiben Airbus und Boeing. Sie sind die einzigen Hersteller, die vom Kurzstreckenjet bis zum Grossraumflugzeug die ganze Palette an Passagiermaschinen bauen.

An der Börse hatten beide Konzerne einen guten Lauf. Innerhalb der vergangenen zwölf Monate legte die Airbus-Aktie um 40 Prozent zu, während die Boeing-Aktie ihren Wert genau um die Hälfte steigern konnte. Treiber war die grosse Nachfrage nach Verkehrsflugzeugen, die auch weiter anhalten dürfte: Boeing geht davon aus, dass bis 2036 rund 41'000 Passagier- und Frachtflugzeuge benötigt werden. Die Krise um den Grosskunden Katar hat die Kurse der Flugzeugbauer bisher nicht beeinträchtigt.

Grossaufträge für Boeing und Airbus - Keiner will Riesenjets

Da beide Hersteller punkto Technik und Sicherheit exzellente Flugzeuge bauen, kommt es bei den Zukunftsaussichten darauf an, wer sich bei der Modellpolitik besser positioniert. Die Luftfahrtschau im Juni gibt jeweils über die Neuerungen Aufschluss. Airbus stellte in Le Bourget den weiterentwickelten Airbus A380 plus vor. Das für über 500 Passagiere konzipierte Riesenflugzeug soll dank besserer Raumausnutzung 80 Sitze mehr haben als die bisherige Variante und dank optimierter Flügel und Flügelspitzen vier Prozent Treibstoff sparen. Die Fluggesellschaften zeigen aber weniger und weniger Interesse an diesen betriebstechnisch teuren Gross-Jets, und auch der aufgemotzte A380 wird dies nicht unbedingt ändern können.

Boeing geht bereits jetzt davon aus, dass es für den vierstrahligen Jumbo-Jet 747 kaum noch einen Markt gibt. Fluggesellschaften - darunter seit letztem Jahr die Swiss - setzten stärker auf die zweistrahlige und wirtschaftlichere Boeing 777, die je nach Aussattung immer noch über 300 Passagiere befördern kann. Sollten sich Airlines künftig zwischen dem A380 und der Boeing 777 entscheiden müssen, wäre Boeing im Vorteil, schreiben die Luftfahrt-Analysten von Barclays.

Das Gros der Bestellungen holen beide Hersteller sowieso bei Klein- und Mittelstreckenflugzeugen - mehr als zwei Drittel der Flugzeugnachfrage in den nächsten 20 Jahren dürfte auf dieses Segment entfallen. Airbus punktet bei der A320-Familie (120 bis über 200 Sitze) mit weniger durstigen Triebwerken. Boeing kontert mit der 373-10 Max (bis zu 230 Passagiere). Im wichtigen asiatischen Markt übertrifft Boeing mit der 737 beim Ordereingang die Airbus A320-Familie. Allerdings sind Airlines berüchtigt dafür, dass sie Aufträge später ändern oder gar stornieren.

Was sagt dies über die Börsenaussichten aus? Mit Kurszielen und Kauf-Ratings neigten die Analysten in den vergangenen Monaten überwiegend zu Airbus. Mittelfristig könnte Boeing aber in der besseren Position sein, weil bei Airbus schlicht die Risiken grösser sind: Die ungewisse Zukunft des A380 ist eines davon. In der Rüstungssparte hat Airbus auch Probleme mit dem Militärtransporter A400M - nicht nur zeigen sich technische Probleme, sondern auch ungewisse Aussichten wegen poltischer Risiken, wechselnder Regierungen und zusammengestrichenen Staatsbudgets.

Schliesslich könnte das Gezerre um den Brexit Airbus beschäftigen, denn die Flügel für die Jets werden in Grossbritannien gefertigt, während die übrigen Komponenten der Flugzeuge schwergewichtig in Deutschland, Frankreich und Spanien zusammengebaut werden.

Das Branchen-Duopol Airbus-Boeing muss längerfrsitig allerdings auch mit Konkurrenz rechnen: In China flog dieses Jahr zum ersten Mal der Comac C919. Einmal serienreif, könnte dieses circa 150-plätzige Flugzeug den etablierten Herstellern im lukrativsten Segment Kunden abjagen.

Oder kommt gar ein neues Überschallflugzeug wie früher die Concorde? In den USA entwickelt die Firma Boom ein solches Modell, für das Airlines angeblich schon für 76 Exemplare Interesse angemeldet haben. Allerdings spielt da noch viel Zukunftsmusik.