Noch Mitte September wartete Richemont mit einem überraschend soliden Zwischenbericht auf. Seither hat sich die Aktie des in Genf beheimateten Mutterhauses des Juweliers Cartier um 15 Prozent erholt. Nur noch wenige Prozent trennen sie vom Rekordhoch aus dem Spätsommer vor zwei Jahren.

Dumm nur, weiss das vorliegende Halbjahresergebnis nicht zu überzeugen. Sowohl beim Umsatz als auch auf den Stufen operativer Gewinn (EBIT) und Reingewinn werden die Markterwartungen teilweise klar verfehlt.

Für Stirnrunzeln sorgen bei den mehrheitlich optimistisch gestimmten Analysten aber vor allem die Aussagen zur Absatzsituation im Oktober. Anstatt einer Wachstumsbeschleunigung war die Umsatzentwicklung sogar rückläufig.

An der Schweizer Börse SIX taucht die Richemont-Aktie auf unter 80 Franken. Zur Stunde resultiert ein sattes Minus von 9,1 Prozent auf 78,70 Franken.  Auch die Inhaberaktie von Swatch wird in Sippenhaft genommen und verliert 6,3 Prozent auf 372,90 Franken.

Wachstumsverlangsamung unterschätzt

Gemäss dem für die UBS Investmentbank tätigen Analysten verfehlt das vorliegende Halbjahresergebnis nicht nur beim Umsatz, sondern auch bei den Margen die bankeigenen Erwartungen. Schuld sei eine stärker als erwartete organische Wachstumsverlangsamung im September. Negativ hätten der starke Franken, die geringe Auslastung der Produktionsstätten sowie der operative Hebel zu Buche geschlagen.

Enttäuscht zeigt sich der Verfasser eines Kommentars auch vom Umsatzrückgang im Oktober. Dennoch hält er vorerst an seiner Kaufempfehlung für die Aktie von Richemont fest.

Überrascht zeigt sich auch der für die MainFirst Bank tätige Berufskollege. Er bezeichnet die im Oktober beobachtete Geschäftsentwicklung als sehr negativ. Anstatt einem erwarteten Umsatzplus von 4 Prozent zu konstanten Wechselkursen sei der Umsatz um 6 Prozent rückläufig gewesen. Auch die Aussagen von Richemont zur zweiten Hälfte des Fiskaljahres 2015/16 erachtet der Analyst als überraschend verhalten.

Viele Analysten in Erklärungsnot

Bislang empfahl der Experte die Aktie mit "Outperform" und einem Kursziel von 92 Franken zum Kauf. Anpassungen sind auf Basis des vorliegenden Zahlenkranzes jedoch sehr wahrscheinlich.

Bei der Zürcher Kantonalbank wird zudem auf die tiefe Vergleichsbasis aus dem Vorjahr hingewiesen. Vor diesem Hintergrund sei die sehr schwache Umsatzentwicklung im Oktober noch viel enttäuschender, so die Meinung des Analysten. Er rechnet mit einer deutlichen Abwärtsrevision der Konsensschätzungen. Als einer der wenigen seiner Berufsgilde stuft der Experte die Aktie von Richemont nur mit "Marktgewichten" ein.

Erhebungen der Nachrichtenagentur AWP zufolge empfehlen 17 von 22 Analysten die Aktie zum Kauf. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 91,62 Franken. Viele dieser Experten geraten nun in Erklärungsnot.

Die Wogen zu glätten versucht man bei der Bank Vontobel. In einem Kommentar wird das Halbjahresergebnis als "nur leicht unter den Erwartungen liegend" bezeichnet. Die erzielte Marge habe "etwas enttäuscht", obwohl das Schmuck-Segment robust gewachsen sei. Er werde seine Schätzwerte leicht senken, so lässt der Verfasser des Kommentars die Leser wissen. Das Anlageurteil lautet weiterhin "Buy". Das Kursziel wird vorerst mit 95 Franken angegeben.