Angesichts anhaltenden Kostendrucks gehen sowohl Michael J. Wilson von Morgan Stanley als auch David J. Kostin von Goldman davon aus, dass die Margen nächstes Jahr sinken werden. Nach Ansicht von Wilson, der in Bezug auf US-Aktien zu den grössten Bären gehört, ist "der beste Teil der Rally vorbei".

Die Berichtsaison zum zweiten Quartal fiel besser aus als befürchtet, was die US-Börsen im vergangenen Monat kräftig nach oben trieb. Anleger setzten darauf, dass die Gewinnspannen der Unternehmen dem Inflationsdruck standhalten können. Schub für die Stimmung kam auch von Spekulationen, die US-Notenbank könnte angesichts schwächerer Konjunkturdaten weniger falkenhaft handeln.  

"Während die Preise für den Endverbraucher weiterhin rasant steigen, steigen die Preise für die Produzenten doppelt so schnell", gibt Wilson von Morgan Stanley am 8. August in einer Analyse zu bedenken. Die Erwartungen der Analysten, dass sich die Gewinnspannen bis 2023 ausweiten werden, seien "aufgrund des anhaltenden Kostendrucks und der rückläufigen Nachfrage unrealistisch."

Kostin von Goldman stimmt dem zu und meint, dass höhere Inputkosten die Gewinnmargen im nächsten Jahr beeinträchtigen werden, selbst wenn die Umsätze weiter steigen. Im Jahr 2023 rechnet der Stratege nun mit einer Schrumpfung der Nettomargen um 25 Basispunkte. Rückgänge seien dabei in allen Branchen zu erwarten, besonders aber in den Bereichen Rohstoffe, Energie und Gesundheitswesen.

Wilson, der den diesjährigen Ausverkauf richtig vorausgesagt hat, ist gegenüber der jüngsten Erholung skeptisch. Es handle sich um eine Bärenmarktrally inmitten zunehmender Rezessionsängste. Zwar habe die Inflation ihren Höhepunkt erreicht und werde “wahrscheinlich schneller fallen, als der Markt derzeit erwartet”. Für die Aktienmärkte verheiße das aber nichts Gutes. Die operative Hebelwirkung verringere sich damit und die Unternehmensgewinne würden belastet.

"Wir halten es für verfrüht, Entwarnung zu geben, nur weil die Inflation ihren Höhepunkt erreicht hat", so Wilson. "Die nächste Abwärtsbewegung könnte erst im September kommen, wenn sich unsere These vom negativen operativen Hebel in den Gewinnschätzungen stärker niederschlägt."

(Bloomberg)