Die Aktie des Sensorenherstellers AMS kostete am 10. Februar 46,83 Franken. Am Freitagabend wurde der Titel noch für 29,26 Franken gehandelt. Die weltweiten Marktverwerfungen, die als Folge der Ausbreitung des Coronavirus losgetreten wurden, haben der Aktie übel zugesetzt.

Mit AMS ist ein Unternehmen besonders getroffen worden, dessen Geschäftsmodell wegen der starken Abhängigkeit von Grosskunde Apple unter Investoren durchaus kontrovers diskutiert wird. Mit dem vor kurzem erfolgten Kauf des deutschen Lichtkonzerns Osram hat sich AMS zusätzlich auf ein finanzielles Abenteuer eingelassen. Aber es gibt noch ein weiteres Merkmal, das einen starken Kurssturz in Krisenzeiten mit zu erklären hilft: AMS hat relativ hohe Schulden.

Wie die unabhängige Ratingagentur Independent Credit View (ICV) schreibt, erhalten Unternehmen - insbesondere grössere Kapitalmarktschuldner - beispielsweise bei fremdfinanzierten Übernahmen von den grossen Bonitätshütern wie Standard & Poor's, Fitch Ratings oder Moody's oft weiterhin einen grossen Vertrauensvorschuss. Die gestiegene Verschuldung finde nicht sofort Eingang in die Ratings, heisst es in dem Bericht. Gerechtfertigt erscheint dies insofern, wenn die Erhöhung der Schuldenlast als nur temporär eingestuft werden kann. 

Bei AMS etwa sind sich Analysten und Investoren nicht einig, wie stark die Osram-Übernahme das Unternehmen finanziell belasten wird. Jenseits von Schuldenratios und Bonitätskriterien lässt sich allerdings sagen: Die Aktienkurse spiegeln Bedenken der Märkte bezüglich der Schuldenproblematiken oft genauer als die Analysen der Ratingagenturen. Anders gesagt: Der Aktienkurs lügt nicht.

Kurs fallen massiv

Seit dem 24. Februar, als die Krise den Aktienmarkt mit voller Wucht traf, ist der AMS-Kurs um 18 Prozent gefallen. Die Aktie der MCH Group ist im gleichen Zeitraum am Markt um 15 Prozent gefallen. Die Basler Messebetreiberin steht aktuell wegen der Absagen von Grossanlässen unter Druck. Tieferliegend sind aber auch hier Schulden ein Thema. Die MCH Group durchläuft nach einem bereits schwierigen 2019 eine Phase der Neuausrichtung und muss Restrukturierungskosten schultern. Das alles führt zur Erwartung, dass die Schulden steigen werden. Dem Aktienkurs ist dies nicht zuträglich. 

Auch die Titel des Backwaren-Spezialisten Aryzta kamen durch die Corona-Krise ordentlich unter die Räder. Seit dem 13. Februar verlor die Aktie knapp 35 Prozent. Das Unternehmen leidet seit Jahren unter den Folgen der gescheiterten Expansionsstrategie, welche das Management Mitte der 2010er-Jahre entwickelte – und sich nie auszahlen sollte. Im Gegenteil: Aryzta häufte durch die Expansion einen riesen Schuldenberg an.

Kapitalerhöhungen gegen Schulden

Um die Schulden bedienen zu können, führte der Backwaren-Spezialist 2018 eine Kapitalerhöhung durch, was dem Unternehmen rund 900 Millionen Franken einbrachte. Trotzdem ist Skepsis angebracht. Denn generell lässt sich sagen: Wer Kapitalerhöhungen braucht und dafür die Aktionäre zur Kasse bittet, streckt in finanziellen Schwierigkeiten. 

Auch Kudelski gerät durch die Corona-Krise verstärt unter Druck. Die Titel verloren seit Mitte Febuar rund 20 Prozent an Wert. Sinkende Umsätze sowie Kosten für das laufende Restrukturierungsprogramm belasten die Bilanz und lassen den Schuldenberg wachsen. In einer Mitteilung vom letzten Dezember, schreiben Analysten der Bank Vontobel zudem, dass für 2020 der Restrukturierungsaufwand die Cash-Generierung weiter belasten werde. Die Corona-Krise dürfte die Finanzen des Unternehmens zumindest kurzfristig zusätzlich belasten.

Wenig Schulden, besseres Image bei Investoren

Prinzipiell lässt sich derzeit nicht beobachten, dass eine hohe Verschuldung, ein tiefes Rating oder eine operativ unstete Entwicklung zu besonders hohen Kursverlusten führen. Es gibt durchaus auch kapitalstarke Unternehmen mit guter Bonität, die am Markt stark unter Druck gekommen sind. So hat etwa eine Swiss Re in den vergangenen zwei Wochen 10 Prozent verloren.

Dennoch lässt sich festhalten, dass Unternehmen mit einer moderaten Schuldenproblematik sich den ärgsten Auswüchsen der Börsenverwerfungen am besten entziehen können. Die Aktie der Swisscom etwa, die über einen starken Cashflow verfügt, hat in den vergangenen zehn Handelstagen lediglich 2,9 Prozent verloren.  

Auch Lonza, das nach Einschätzung von Analysten seine Schuldenpositionen dank der guten wirtschaftlichen Kennzahlen souverän bewirtschaften kann, hat am Markt nur 3,1 Prozent verloren. Auch Ems-Chemie, kein defensiver Titel und zusätzlich von der Krise der Autobranche betroffen, hat angesichts der grossen Unsicherheit nur moderate 7,4 Prozent verloren. Der Spezialkunststoffhersteller gilt lehrbuchmässig als Vorbildunternehmen in Sachen Finanzbewirtschaftung.