"You tell me!" Das war die Antwort von Steven Wietling, globaler Chefstratege von Citigroup, auf eine Journalistenfrage, wie tief die Börsen derzeit noch fallen könnten. Das ist eine erfrischend ehrliche Antwort. Ehrlicher jedenfalls als zahllose Reaktionen schon am Montagmorgen, wonach die derzeitige Korrektur an den Märkten eine gute Einstiegschance sei für alle Anleger.

Niemand weiss, wie lange die Korrektur an den Märkten noch andauert. Das war bei früheren heftigen Korrekturen an den Aktienmärkten so. Und das wird auch bei künftigen Marktturbulenzen so bleiben. Erwarten Sie deshalb auch hier keine sichere Antwort auf die Frage der Börsenrichtung in nächster Zeit. Bloss eine Einschätzung.

Klar ist: Von Konjunkturseite spricht derzeit nichts für eine heftige Börsenkorrektur wie etwa vor zehn Jahren. Weltweit stehen die Zeichen heute auf Wirtschaftswachstum und steigende Unternehmensgewinne. Die Stimmung der US-Dienstleister etwa steht auf dem höchsten Stand seit dem Beginn der Erhebung im Jahr 2008.

Bloss: Wirtschaftswachstum, zumal starkes, kann man nicht haben ohne Begleiterscheinungen wie steigende Inflation und damit erhöhte Verunsicherung über die Zinsentwicklung. Viele Anleger verschlossen vor diesem Fakt in den letzten Monaten hartnäckig die Augen. Sie erleben nun ein böses Erwachen. Fast über Nacht herrscht nun ein "Risk-Off"-Modus an den Börsen.

Schon deshalb ist nicht anzunehmen, dass die Aktienmärkte von heute auf morgen zum "Courant normal" zurückfinden. Die Verunsicherung wird ihre Spuren hinterlassen. Eine Boom-Phase wie diejenige von Ende August bis Mitte letzter Woche, als die US-Tech-Börse "Nadsaq 100" fast 20 Prozent zulegte, werden wir so schnell nicht wiedersehen. 

Wir befinden uns wohl bereits in einer Phase, welche viele Experten erst für das zweite Halbjahr prophezeit hatten: Eine Marktkorrektur aufgrund von Zinsängsten verbunden mit einer Einpreisung von ersten Anzeichen einer abflauenden US-Konjunktur. Damit einher geht eine Anpassung der Bewertungen von Aktien auf ein gesünderes Niveau, vor allem im Technologie-Bereich.

Vor dieser Ausgangslage kann man Anlegern raten: Verkaufen Sie einige der Aktien, die Sie noch nicht so lange halten und bei denen Sie Gefahr laufen, in nächster Zeit ins Minus zu geraten. Kaufen Sie volatile Aktien jetzt, falls Sie auf kurzfristige Profite aus sind, denn ein "Rebound" an den Märkten kommt sicher. Und behalten Sie die Aktien, bei denen Sie schon lange dabei sind. Denn langfristig orientierte Aktienanleger schauen jeweils gelassen auf Börsenturbulenzen.