Am Donnerstagnachmittag zeichneten sich in der Aktie des Halbleiterherstellers AMS dramatische Szenen ab. Auslöser war ein Artikel der "Finanz und Wirtschaft". Darin berichtete der als gut vernetzt geltende Autor von Problemen des Zulieferunternehmens mit dem Schlüsselkunden Apple. Teile eines Auftrags für Mikrofone seien verlorengegangen und eine Bestellung für Ladegeräte verschoben worden, so war nachzulesen.

Das sind Neuigkeiten, welche die Börse gar nicht gerne hört. Die Reaktion liess denn auch nicht lange auf sich warten: Eine Ausverkaufswelle aus dem Ausland riss die AMS-Aktie zeitweise um 26,5 Prozent nach unten. Bei Handelsende resultierte dann noch ein Minus von 19,9 Prozent auf 30,20 Franken. Bei den mehrheitlich optimistisch gestimmten Analysten dürfte dieser Kurstaucher am Donnerstagnachmittag für Konsternation gesorgt haben.

Der Autor lag schon einmal richtig

Im Artikel heisst es, dass bei AMS mehr als 100 Millionen Euro an Umsatz betroffen oder in Gefahr sein könnten. Dem erwidert der für die UBS Investmentbank tätige Analyst, dass der Grosskunde Apple beim Halbleiterhersteller gesamthaft geschätzte 110 Millionen Euro zum Jahresumsatz beiträgt. Die im Artikel angesprochene Produktkategorie der Mikrofone liefere einen jährlichen Umsatzbeitrag von 30 bis 40 Millionen Euro. Dieser verteile sich allerdings auf mehrere Grosskunden.

Grössere Folgen für AMS sieht der Experte nur dann, wenn Apple im Bereich der Lichtsensoren auf andere Anbieter ausweichen würde. Er bekräftigt deshalb seine Kaufempfehlung sowie das 50 Franken lautende 12-Monats-Kursziel und rät zum Kauf der Aktie bei Rückschlägen.

Nüchterner fällt hingegen die Reaktion des Berufskollegen der Bank Vontobel aus. Wie dieser in einem Kommentar schreibt, haben die von AMS in den vergangenen Quartalen abgegebenen Ausblicke mehrheitlich enttäuscht. Gerade jener für das Schlussquartal überrasche, gehöre dieses saisonal doch zu den stärksten des ganzen Jahres.

Dem Experten zufolge macht das Unternehmen eine schwächer als erwartete Nachfrage sowie kundenspezifische Gründe für den verhaltenen Ausblick verantwortlich. In Wahrheit sei dieser jedoch eine Folge eines verlorengegangenen Auftrags des Grosskunden Apple auf dem Gebiet von NFC-Bauteilen. Obschon auch dieser Auftragsverlust dem Autor des "Finanz und Wirtschaft"-Artikels schon Monate zuvor bekannt gewesen sei, müssten die Vorwürfe diesmal stark angezweifelt werden, so heisst es bei der Bank Vontobel. Die Zürcher Bank erachtet den von AMS bestätigten Ausblick als ermutigend und empfiehlt die Aktie wie bis anhin mit einem Kursziel von 54 Franken zum Kauf.

Zweckoptimismus bei den Analysten?

Der für Barclays Capital tätige Experte schreibt hingegen, dass die Börse nach dem Kurseinbruch vom Donnerstag einen Verlust des gesamten Geschäftsvolumens von Apple vorweggenommen habe. Er hält deshalb sowohl an der "Overweight" lautenden Kaufempfehlung als auch am Kursziel von 45 Franken fest und hofft damit auf eine Gegenbewegung nach oben.

Händler werfen den Analysten in einem gewissen Grad Zweckoptimismus vor. Nicht ohne Grund: Gemäss Erhebungen der Nachrichtenagentur AWP empfehlen sieben von zehn Experten die AMS-Aktie schon seit geraumer Zeit zum Kauf. Nur gerade bei der Zürcher Kantonalbank wurde die Aktie in den letzten Wochen mit "Untergewichten" eingeschätzt, was einer Verkaufsempfehlung gleichkommt. Nach dem jüngsten Kurszerfall wird das Anlageurteil nun aber auf "Marktgewichten" angehoben.

Davon und von den anderen verteidigenden Stimmen aus der Analystengemeinde angetrieben, erholt sich die AMS-Aktie an der Schweizer Börse SIX zur Stunde um 6,6 Prozent auf 32,15 Franken. Im frühen Handel kletterte sie zeitweise sogar bis auf 32,85 Franken.