Das hatte man sich am Hauptsitz von Geberit in Rapperswil-Jona vermutlich anders vorgestellt: Obschon oder gerade weil die skandinavische Sanitec im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2015 die ganzen drei Monate über zum Ergebnis beigetragen hat, bleibt dieses hinter den Analystenerwartungen zurück. Nicht nur beim Umsatz sondern auch beim operativen Gewinn (EBITDA und EBIT) sowie beim Reingewinn werden die Konsensschätzungen verfehlt.

Und als ob das nicht schon genug wäre, fällt auch der Ausblick für das Gesamtjahr überraschend vorsichtig aus. Um akquisitionsbedingte Kosten bereinigt strebt das Unternehmen eine operative Marge (EBITDA) von rund 26 Prozent an. Das organische Umsatzwachstum soll hingegen zwischen 2 und 3 Prozent liegen. Analysten gingen bislang von einer Margenbandbreite von 27 bis 28 Prozent bei einem organischen Wachstum von 4 bis 6 Prozent aus.

An der Schweizer Börse SIX wird die beliebte Geberit-Aktie für den ernüchternden Ausblick abgestraft. Zur Stunde fällt sie um 5,3 Prozent auf 317,10 Franken. Zuvor wurden sogar Kurse um die 311 Franken bezahlt. Beobachter berichten von grösseren Verleiderverkäufen aus dem In- und Ausland.

Sind die Analystenschätzungen zu hoch?

In einem Kommentar zeigt sich der für die Zürcher Kantonalbank tätige Verfasser erfreut über die leichte organische Wachstumsbelebung im zweiten Quartal. Insbesondere in Skandinavien sei Geberit aus eigener Kraft gewachsen. Stark rückläufig sei hingegen jenes im Heimmarkt Schweiz gewesen, so der Analyst.

Aufgrund der vollständigen Konsolidierung von Sanitec seien die operativen Margen im Jahresvergleich deutlich gefallen. Selbst unter Ausklammerung höherer Integrationskosten liege die EBITDA-Marge rund 30 Basispunkte tiefer als erwartet. Dem Analysten zufolge fällt das zweite Quartal insgesamt leicht unter den Konsensschätzungen aus.

Barmittelgenerierung schwächer als erwartet

Der Ausblick decke sich in etwa mit den bankeigenen Annahmen. Einige Berufskollegen hätten aber noch immer deutlich zu hohe Schätzungen. Der Zahlenkranz wird insgesamt als leicht negativ gewertet und die Aktie weiterhin mit "Marktgewichten" eingestuft.

Auch bei Vontobel deckt sich der Ausblick von Geberit mehr oder weniger mit den bankeigenen Schätzungen. Dass die Übernahme von Sanitec die Margen kurzfristig verwässere, sei von Anfang an klar gewesen. Auf Basis des vorliegenden Zahlenkranzes macht der Analyst keinen grösseren Anpassungsbedarf bei seinen Erwartungen aus. Etwas stösst er sich jedoch an der im Jahresvergleich deutlich rückläufigen operativen Barmittelgenerierung sowie an der stolzeren Verschuldung. Auch wenn er das nicht schreibt, könnten diese beiden Faktoren kurzfristig negative Folgen für die Dividendenpolitik haben. Die Aktie von Geberit wird bei Vontobel ebenfalls nur mit "Hold" und einem Kursziel von 360 Franken empfohlen.

Verteidigende Töne schlägt man hingegen bei Goldman Sachs an. Das zweite Quartal sei von einer guten Margenentwicklung geprägt gewesen und der Ausblick sei wie gewohnt eher konservativ abgefasst. Tatsächlich wartete Geberit in den letzten Jahren immer wieder mit eher vorsichtigen Aussagen und Margenzielen auf. Allerdings überraschen die versöhnlichen Worte seitens der amerikanischen Grossbank nicht, führt sie die Aktie des Sanitärtechnikkonzerns doch schon seit Monaten mit einem 12-Monats-Kursziel von 380 Franken auf der viel beachteten CONVICTION BUY LIST.