In den kommenden Wochen wird ein Gros der börsenkotierten Unternehmen in der Schweiz über die Umsatz- und Gewinnentwicklung im vergangenen Jahr berichten. Nicht weniger von Interesse als die Zahlenkränze ist dann aus Aktionärssicht die Höhe der geplanten Dividende – sowie die Frage, ob die Firma darüber hinaus eventuell sogar noch mit einem Aktienrückkaufprogramm aufwartet.

Führt ein Unternehmen Kapital über Dividenden und Aktienrückkäufe an die Aktionäre zurück, ist das nicht immer im Sinne der übrigen Anspruchsgruppen. Je tiefer der Anteil des Jahresgewinns, der an die Aktionäre ausgeschüttet wird, desto besser ist dies beispielsweise für die Gläubiger der Firma.

Wie die Zürcher Kantonalbank (ZKB) in einer Strategiestudie schreibt, muss die Ausschüttungspolitik eines Unternehmens allerdings in einem Gesamtkontext erfolgen. Der Studienautor nennt in diesem Zusammenhang drei Firmen: eine mit einer vernünftigen Ausschüttungspolitik, eine mit einer hohen, aber durchaus vertretbaren Ausschüttungsquote und eine mit einer eher gewagten Dividendenpolitik:

Bell Food Group - vernünftige Ausschüttungspolitik

Vorbildlich ist der ZKB zufolge die Dividendenpolitik des Fleischverarbeiters Bell (Dividendenrendite: 2,2 Prozent). Nach einer im Frühling letzten Jahres durchgeführten Kapitalerhöhung kommunizierte das Tochterunternehmen des Grossverteilers Coop, an einer Ausschüttungsquote von 30 Prozent festhalten zu wollen. Das heisst soviel wie: Jeweils 30 Prozent des Jahresgewinns sollen über die Dividende an die Aktionäre ausbezahlt werden. Das selbst dann, wenn dies im Jahresvergleich eine Kürzung der Ausschüttung zur Folge haben könnte. Angesichts des vom Studienautor auf 2,4 geschätzten Verhältnisses zwischen der Nettoverschuldung und dem operativen Gewinn (EBITDA), hält er die eher zurückhaltende Ausschüttungspolitik für angemessen.

SGS - hohe, aber vertretbare Ausschüttungsquote

Eine deutlich grosszügigere Dividendenpolitik verfolgt SGS (Dividendenrendite: 3,2 Prozent). Wie der ZKB-Studie entnommen werden kann, gab der Genfer Warenprüfkonzern in den letzten Jahren zwischen 91 und 98 Prozent des Jahresgewinns an die Aktionäre weiter. Zusätzlich führte das Unternehmen ab Mitte Mai 250 Millionen Franken über ein Aktienrückkaufprogramm an die Aktionäre zurück. Diese aktionärsfreundliche Ausschüttungspolitik sei aus Sicht der Gläubiger insofern vertretbar, als sich SGS durch eine gesunde Barmittelgenerierung und eine solide Bilanz auszeichne, so der Studienautor. Er verweist dabei auf das tiefe Verhältnis zwischen der Nettoverschuldung und dem operativen Gewinn (EBITDA) von 0,6. Einzig in der mit 16,3 Prozent eher tiefen Eigenkapitalquote ohne Goodwill sieht der Studienautor ein Hemmnis für eine anhaltend hohe Ausschüttungsquote.

Adecco - gewagte Dividendenpolitik

Als Beispiel für ein Unternehmen mit einer nicht nachhaltigen Ausschüttungspolitik muss der Stellenvermittler Adecco (Dividendenrendite: 4,9 Prozent) herhalten. Die ZKB erachtet es zwar als eine zentrale Stärke des Stellenvermittlers, solide operative freie Cashflows zu generieren. Dennoch prognostiziert sie für die Zeit zwischen Ende 2011 und Ende 2018 einen Anstieg der Nettoverschuldung von 0,9 auf 1,1 Milliarden Euro. Der Studienautor sieht die Schuld darin weniger bei den getätigten Firmenübernahmen als vielmehr in den grosszügigen Ausschüttungen an die Aktionäre mittels Aktienrückkäufen und Dividendenzahlungen. In Erwartung eines hohen Investitionsbedarfs und schwierigerer wirtschaftlicher Rahmenbedingungen befürchtet der Autor negative Auswirkung auf die Firmenfinanzen, sollte Adecco die Aktionäre mit der progressiven Ausschüttungspolitik bei Laune halten wollen.

Gemäss Erhebungen tragen Dividenden auf lange Sicht bis zu 65 Prozent zur Gesamtperformance von Aktien bei. Doch selbst wenn die Aktionäre und die Gläubiger eines Unternehmens unterschiedliche Ziele verfolgen und unterschiedliche Interessen haben, dürften sie sich in einem Punkt einig sein: Die finanzielle Gesundheit der Firma kommt stets an erster Stelle.