Australien hat nach Japan und China die drittgrösste Gruppe von Millionären in der Region Asien-Pazifik, jedoch bleibt das Land im globalen Privatbankengeschäft eine zu vernachlässigende Grösse. Der Hauptgrund: Ältere Generationen von vermögenden Privatpersonen (so genannte High Net Worth Individuals) haben es vorgezogen, ihr Geld in der Nähe ihrer Heimat zu halten und selbst zu verwalten, anstatt die Dienste einer Privatbank zu nutzen, wie jüngste Umfragen zeigen.

Nun setzen Credit Suisse und inländische Vermögensverwalter darauf, dass sich dies ändern wird, da eine neue, mehr global ausgerichtete Gruppe von Anlegern entsteht - ob nun die Erben der älteren Generation oder eine Reihe junger Unternehmer, die eher Fintech-Millionäre als Immobilienentwickler sind. Eine Herausforderung, an der etwa die UBS zuvor gescheitert ist.

"Die Übertragung von Vermögen von einer Generation auf die andere ist ein sehr heisses Thema", sagte Michael Marr, Leiter Private Banking der Credit Suisse in Australien, kürzlich in einem Interview. "Es hat den gesamten Private Banking-Markt auf den Kopf gestellt, und wir mussten darauf reagieren."

Schätzungen von McCrindle, einem Beratungsunternehmen, das demografische Trends verfolgt, gehen davon aus, dass in den nächsten zwei Jahrzehnten etwa 3 Billionen australische Dollar (1,87 Billionen Euro) zwischen australischen Generationen wechseln werden. Das ist ein beispielloser Wandel in einem jungen Land, das kaum Vergangenheitserfahrung mit vererbtem Vermögen hat.

In einer jüngsten Liste junger reicher Australier waren mehr als ein Drittel der Neuzugänge Finanz- oder Fintech-Unternehmer.

Technologisch aufrüsten

Ein Teil der Antwort auf den sich verändernden Markt sei die Bereitstellung der richtigen Technologie für eine Gruppe, die es gewohnt ist, die Dinge selbst zu erledigen, sagte Marr. Von den grösseren Märkten, in denen die Credit Suisse ihre Private Banking-App eingeführt hat, weist Australien die höchste Annahmequote auf.

Vermögende Australier haben nicht nur ein stärkeres Interesse an ausländischen Investments, sondern auch zunehmend an neuen Anlageklassen, sagt Jason Murray, Leiter Private Banking von National Australia Bank. Er berichtete, dass die NAB einen Investment-Desk eingerichtet habe, um Private Banking-Kunden Zugang zu Transaktionen zu verschaffen, die sie sonst nicht sehen würden, wie beispielsweise Risikokapital-Deals. "Im Allgemeinen sind vermögende Privatkunden in Australien chronisch unterdiversifiziert", sagte Murray.

NAB-Daten zeigen, dass weniger als 20 Prozent der vermögenden Privatkunden in Australien einen Privatbanker haben. Zum Vergleich: In den USA und Europa sind es 70 bis 80 Prozent, zeigen Analysen von der Beratungsfirma EY.

UBS zog sich 2015 zurück

Die älteren Generationen haben tendenziell in lokale Immobilien oder australische Aktien investiert und dabei relativ hohe liquide Mittel gehalten. Dieser Anlagestil bedeutete, dass sie die meisten Bedürfnisse mit einem Konto bei einem der lokalen Aktienbroker erfüllen konnten, im Gegensatz zu einer Privatbank. Diese Hürde wurde von UBS als Argument angeführt, als sie vor drei Jahren beschloss, sich aus der australischen Vermögensverwaltung zurückzuziehen.

Die Bank verkaufte 2015 ihre australische Vermögensverwaltungssparte und sagte, dass es zunehmend schwieriger geworden wäre, ihr globales Geschäftsmodell auf dem lokalen Markt, der von einem Broker-System dominiert wird, vollständig und nachhaltig zu betreiben.

Für Credit Suisse, die vor einem Jahrzehnt ihren Onshore-Private-Banking-Betrieb in Australien aufnahm, waren die ersten vier bis fünf Jahre "ziemlich hart", sagte Marr. Die Aussichten haben sich in letzter Zeit verbessert, unter anderem aufgrund des wachsenden Interesses an ausländischen Investments und des Rückzugs von Wettbewerbern, fügte er hinzu. Zwar gibt die Bank keine genauen Zahlen bekannt, aber die verwalteten Vermögenswerte der Credit Suisse in Australien haben sich Marr zufolge in den letzten drei Jahren verdoppelt.

Die Grösse des potenziellen Geldpools kann nicht geleugnet werden. Die Anzahl von vermögenden Privatkunden in Australien ist im vergangenen Jahr um 9 Prozent auf 278.000 gestiegen, wie aus Zahlen der Beratungsgesellschaft Capgemini SE hervorgeht. Ihre gesamten Aktiva nahmen um 10 Prozent auf 884 Milliarden US-Dollar zu, die fünfthöchste Akkumulation von Vermögen in Asien-Pazifik, sagte Capgemini. Saubere Luft, Sicherheit und attraktive Städte sind einige der Anziehungspunkte, die Australien zu einem beliebten Ziel für wohlhabende Migranten gemacht haben.

"Der australische Privatbankenmarkt steckt noch stark in den Kinderschuhen", sagte Marr. "Der grösste Teil des in den letzten 40 Jahren in Australien generierten Reichtums befindet sich immer noch bei der Generation, die ihn erzeugt hat."

(Bloomberg)