"Ich habe den Eindruck, dass es auch bei Volkswagen gut gelaufen ist", sagte Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler am Dienstag. Der Autoexperte zeigte sich beeindruckt von dem guten Lauf, den die Autobauer trotz der Lieferengpässe bei Computerchips hätten. Andere Experten halten es ebenfalls für wahrscheinlich, dass die Wolfsburger Kennzahlen für die ersten drei Monate besser sind als erwartet und deshalb schon vor dem geplanten Termin am 6. Mai veröffentlicht werden. Börsennotierte Unternehmen sind verpflichtet, die Anleger unverzüglich zu informieren, wenn ihre Zahlen deutlich von den Markterwartungen abweichen.

Wie bei Mercedes und BMW dürfte die starke Auto-Nachfrage in China und den USA auch bei VW den schwächelnden Absatz in Europa mehr als wettgemacht haben. Die beiden Premiumhersteller vervielfachten das Betriebsergebnis gegenüber dem sehr schwachen Vorjahresquartal. Einige Analysten schätzen, dass der weltweit zweitgrösste Autokonzern in den ersten drei Monaten einen Betriebsgewinn (Ebit) vor Sondereffekten von annähernd fünf Milliarden Euro eingefahren hat.

Einen Anteil von fast einem Viertel

Das ist deutlich mehr als die im Schnitt allgemein erwarteten gut drei Milliarden Euro und ein Vielfaches von dem, was Volkswagen vor einem Jahr erzielt hatte. Im ersten Quartal 2020 war das operative Ergebnis wegen des Corona-bedingten Stillstands grosser Teile der Produktion um 80 Prozent auf 904 Millionen Euro eingebrochen. Seitdem beschert vor allem die Nachfrage in China, wo das Virus inzwischen als beherrschbar gilt, den Autobauern glänzende Gewinne. Nach Daten des Verbandes der Automobilindustrie haben die deutschen Hersteller auf dem weltweit grössten Pkw-Markt mittlerweile einen Anteil von fast einem Viertel. Gut ein Drittel ihrer globalen Gesamtproduktion läuft in China vom Band.

Der Barclays-Experte Kai Alexander Müller rechnet mit einem bereinigten Ebit von 4,9 Milliarden Euro und einer operativen Marge von 8,2 Prozent. Für das Gesamtjahr prognostiziert er nun eine Rendite von 7,7 Prozent, deutlich mehr als die von Volkswagen in Aussicht gestellten bis zu 6,5 Prozent. Seinen Optimismus begründet der Analyst mit den Zuwächsen von Audi und Porsche sowie den Luxusmarken Bentley, Lamborghini und Bugatti, die auch in Corona-Zeiten gefragt sind. Audi hatte von Januar bis März 31 Prozent mehr von seinen Oberklassefahrzeugen ausgeliefert. Der Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche steigerte den Absatz sogar um 35,5 Prozent und könnte nach Einschätzung der Investmentbank UBS eine Rekordrendite von 19 Prozent eingefahren haben. Nicht ganz so üppig wie bei den Premiumschwestern fiel das Absatzplus bei der Hauptmarke VW mit rund 25 Prozent aus.

Mitteilung noch in dieser Woche?

"Ich würde mich nicht wundern, wenn VW noch in dieser Woche eine Ad-Hoc-Mitteilung veröffentlicht", sagte Frank Schwope von der NordLB. Dabei werde der Konzern neben den gesetzlichen Vorgaben auch einen Marketingaspekt im Auge haben. "Wenn die Zahlen gut sind, rede darüber." Auch bei anderen Unternehmen habe dieser Gesichtspunkt an Bedeutung gewonnen.

UBS-Analyst Patrick Hummel rechnet auch für die kommenden Monate mit guten Geschäften der Autobauer. "Es wird ein sehr gutes Jahr für die Autohersteller." Er weist darauf hin, dass sich die Versorgung mit Halbleitern nur graduell verbessere. Die Lagerbestände bei den Autohändlern seien deshalb niedrig. "Das schafft ein positives Wettbewerbs- und Preisumfeld für die Hersteller." Ausserdem habe sich in Europa Nachfrage aufgestaut. "Deshalb spricht viel dafür, dass die Autobauer auch in den kommenden Quartalen gute Margen liefern können."

Volkswagen und Co und seien derzeit in einer so komfortablen Lage wie Luxusartikelhersteller, die das Angebot begehrenswerter Produkte knapp halten und hohe Preise verlangen können. "Wir sprechen von einem Louis-Vuitton-Moment, der auch in den kommenden Quartalen noch anhalten kann." Damit werde aber keine neue Ära eingeleitet, in der sich die Autohersteller vom Preisnehmer zum Preissetzer wandelten. Dafür sei der Druck am Markt zu gross, in Konkurrenz zu etlichen neuen Anbietern das Angebot an Elektroautos schnell hochzufahren.

(Reuters)