Die Unternehmensgruppe mit bosnischen Wurzeln, die seit mehr als drei Jahren mit dem Autobauer über Kreuz liegt, will die von den Wolfsburgern eingereichte Millionenklage für eine Art General-Abrechnung nutzen. "Der eigentliche Prozess Prevent-VW findet jetzt statt", sagte Geschäftsführer Barbaros Arslan der Nachrichtenagentur Reuters in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview.

"Alles bisher war nur ein Vorspiel." Prevent will im Zuge der bevorstehenden Prozesse Fakten auf den Tisch legen, die aus ihrer Sicht zum Bruch der Geschäftsbeziehungen führten.

Es geht um hunderte Millionen

Volkswagen fordert wegen Produktionsausfällen und Kosten für rechtliche Auseinandersetzungen mit Prevent vor Gerichten mehr als 100 Millionen Euro Schadensersatz. Eine erste Klage für Ansprüche der Tochter Skoda hatte der Autobauer nach eigenen Angaben kurz vor Jahresende beim Landgericht Braunschweig eingereicht. Für die übrigen Marken des Konzerns soll das Oberlandesgericht Dresden klären, welche Gerichte für weitere Schadensersatz-Klagen zuständig seien.

Prevent wirft dem weltgrössten Autokonzern Machtmissbrauch vor. Die aus zahlreichen Unternehmen bestehende Gruppe hatte VW schon im November wegen ähnlicher Vorwürfe in den USA auf Schadensersatz in Höhe von 750 Millionen Dollar verklagt. In einem beim Bezirksgericht in Detroit eingereichten Schriftsatz werfen die Anwälte Volkswagen vor, in den USA grössere Zulieferer wie Prevent an der Übernahme kleinerer Wettbewerber gehindert zu haben.

«VW wollte Prevent aus dem Geschäft drängen»

Arslan widersprach der Darstellung, die Zulieferer ES Guss und Car Trim hätten im August 2016 kurz nach der Übernahme durch Prevent die Belieferung von Volkswagen mit Sitzteilen und Getriebegehäusen eingestellt, um höhere Preise durchzusetzen. Hintergrund sei vielmehr, dass VW den Einfluss von Prevent habe zurückdrängen wollte.

"Der Lieferstopp war nicht angelegt, um höhere Preise durchzusetzen, sondern um sich dagegen zu wehren, dass VW Prevent aus dem Geschäft drängen wollte." Volkswagen habe die Übernahme von Car Trim zum Anlass genommen, um gegen Prevent vorzugehen. Die Wolfsburger wollten nicht zulassen, dass ein anderes Unternehmen Lieferanten aus ihrem Einflusbereich ohne ihre Zustimmung kaufe. "Jetzt kommen wir an den Punkt, an dem die Frage geklärt wird, ob ein Unternehmen von der Grösse wie Volkswagen eigene Gesetzmässigkeiten in die Welt setzen und mit Zulieferern nach Belieben umgehen kann", sagte Arslan. Er kündigte an, das europäische Kartellamt einzuschalten.

Die Gruppe, hinter der die bosnisch-stämmige Unternehmerfamilie Hastor steht, wirft dem grösseren Konzern vor, die Lieferanten auszunutzen. "Da haben wir nicht mitgemacht. Die Wertschöpfung erfolgt bei uns, wir tragen das ganze Marktrisiko." Wenn Schwankungen in der Nachfrage aufträten, erhöhe der Abnehmer den Preisdruck auf seine Zulieferer. Das gehe allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. "Wir sind so aufgestellt, dass sich jedes Produkt lohnen muss."

VW äussert sich nicht zu Summe

VW habe seinerzeit einen dreistelligen Millionenbetrag in die Hand genommen, um andere Lieferanten aufzubauen und so unabhängiger von Prevent zu werden, sagte Arslan zu Reuters. VW äusserte sich nicht zu der Summe. "Wir machen die uns zugefügten Schäden in einer mittlerweile eingereichten Klage geltend", erklärte ein Sprecher.

Dazu gehörten auch Kosten für den Aufbau von anderen Lieferanten. "Selbstverständlich haben wir uns alternative Lieferanten aufgebaut, um eine Abhängigkeit und weitere drohende Drucksituationen durch die Prevent-Gesellschaften zu verhindern."

(Reuters)