Auf der Generalversammlung am heutigen Freitag um 13 Uhr werden erneut gewichtige Stimmen der Bank die Leviten lesen. Der norwegische Staatsfonds, einer der grössten Aktionäre, will eine Sonderprüfung zu dem Zusammenbruch der Fonds, die die Bank mit Greensill Capital betrieben hatte. Stimmrechtsberater fordern die Aktionäre auf, das Management nicht von der Verantwortung für Fehler freizusprechen, die bei Archegos Capital Management gemacht wurden.

Die beiden Skandale haben die Bank Milliarden gekostet und ihr die schwierigste Phase seit der Finanzkrise eingebrockt. Allein dieses Jahr wurde bereits der Verwaltungsratsschef entlassen, Aktionäre wurden mit Kosten für alte Rechtsstreitigkeiten konfrontiert und Fondsanleger bekamen zu hören, dass es Jahre dauern könnte, bis sie auch nur Teile ihrer Greensill-Gelder zurückbekommen.

In einer Zeit, in der es für Investmentbanken weltweit so gut läuft wie lange nicht, vergrössert das den Abstand zur Konkurrenz zusätzlich. Die Aktien der Credit Suisse haben seit dem Amtsantritt von Chief Executive Officer Thomas Gottstein vor gut zwei Jahren die Hälfte an Wert verloren - die des Lokalrivalen UBS stiegen. Die Credit Suisse hat in dieser Zeit nicht einmal 1 Milliarde Dollar Gesamtgewinn erwirtschaftet, die UBS mehr als 15 Milliarden Dollar.

Die Ergebnisse des ersten Quartals am Mittwoch brachten kaum Besserung: Handelserträge, nur halb so hoch wie vor einem Jahr, Rechtsstreitigkeiten, die noch bevorstehen, sowie schwächer als erwartete Ergebnisse im Wealth Management. 

Gegen eine Entlastung der Geschäftsleitung

Der norwegische Staatsfonds hat erklärt, dass er gegen eine Entlastung der Geschäftsleitung für 2020 stimmen wird. Für 2021 werde er das Management entlasten, nachdem Credit Suisse den Zusammenbruch der Greensill-Fonds von dieser Abstimmung ausgenommen hatte. 

Bereits vor der letztjährigen Versammlung waren die Aktionäre angefressen: Der damals scheidende Verwaltungsratspräsident Urs Rohner und sein Nachfolger Antonio Horta-Osorio versprachen, das Haus in Ordnung zu bringen. Andreas Gottschling, Leiter des Risikoausschusses des Verwaltungsrats, musste zurücktreten.

In diesem Jahr wird sich Axel Lehmann an die Investoren wenden, nachdem Horta-Osorio nach Verletzung der Covid-Quarantänevorschriften geschasst wurde. Severin Schwan wird sich nicht zur Wiederwahl stellen. Aktionäre wie David Herro von Harris Associates erklärten, sie seien unzufrieden, dass langjährige Verwaltungsratsmitglieder wiedergewählt werden.

Die jüngsten Probleme begannen bereits vor Archegos und Greensill unter der Ägide von Ex-CEO Tidjane Thiam. Monatelang berichtete die lokale Boulevardpresse über einen Spionageskandal. Wenig später begannen faule Eier, in der Bilanz aufzutauchen. Gottstein, der nach Thiams Abgang abrupt an die Spitze des Unternehmens rückte, wurde am Mittwoch gefragt, ob er einen Rücktritt in Erwägung ziehe. Er sagte, er habe ein “klares Mandat”, den strategischen Plan umzusetzen, der bis 2024 läuft.

“Ich bin erst seit zwei Jahren CEO”, sagte Gottstein. “Jetzt konzentriere ich mich zusammen mit dem Vorstand voll und ganz auf die Umsetzung des Plans.”

Neben selbstverschuldetem Ärger gefährden allerlei externe Faktoren die Erholung: Vermögende Anleger, insbesondere in Asien, bleiben den Märkten fern. Covid und Lockdowns in der Region lassen Unterbrechungen der Lieferketten wieder wahrscheinlich werden. Das Geschäft mit der Beratung bei Fusionen und Übernahmen hat wegen des russischen Einmarsches in der Ukraine einen Rückschlag erlitten.

Am Mittwoch gab die Bank nochmal eine Reihe von Veränderungen in der Führungsspitze bekannt: Der langjährige Finanzvorstand David Mathers tritt zurück, ebenso der Leiter der Region Asien sowie der oberste Rechtsberater. 

(Bloomberg)