"Ich möchte damit den Weg für einen Neuanfang freimachen", erklärte Zielke. "Die Bank braucht eine tiefgreifende Transformation und dafür einen neuen CEO, der vom Kapitalmarkt auch die notwendige Zeit für die Umsetzung einer Strategie bekommt." Einen Nachfolgekandidaten nannte die Commerzbank nicht.

Schon seit längerem spekulieren Investoren, dass Firmenkundenchef Roland Boekhout auf Zielke folgen könnte. Der 56-jährige frühere Deutschland-Chef der niederländischen Großbank ING hatte Anfang des Jahres bei der Commerzbank angeheuert.

Zielke steht seit 2016 an der Spitze der Commerzbank. Nach den gescheiterten Fusionsgesprächen mit der Deutschen Bank im Frühjahr 2019, die der 57-Jährige vorangetrieben hatte, stellte er im Herbst einen neue Strategie vor. Mit diesem Weg werde die Bank aus eigener Kraft im harten Wettbewerb bestehen. Doch Aufseher und Investoren ließen an den Plänen kein gutes Haar, sie seien zu wenig ambitioniert. Zielke hatte sie als "realistisch" verteidigt, nachdem die Bank zahlreiche Ziele ihrer alten Strategie verfehlt hatte. Doch die Kritik ließ nicht nach.

"Fakt ist, dass die Commerzbank - anders als etwa die Deutsche Bank - nach der gescheiterten Fusion mit der Deutschen nicht durchgestartet ist", sagte Klaus Nieding, Vizepräsident der Aktionärsvereinigung DSW am Freitag zu Reuters. "Statt sich auf die Stärkung ihres eigenen Geschäftes zu konzentrieren, wirkte sie eher einfallslos."

Neue Sparpläne

Schon seit Monaten feilt die Commerzbank an neuen Sparplänen, die sie spätestens mit den Zahlen zum zweiten Quartal Anfang August präsentieren wird. Klar ist schon heute: Dem verschärften Sparkurs werden deutlich mehr Jobs und Filialen zum Opfer fallen als bislang geplant. Einem Insider zufolge ist der Abbau von weiteren 7000 Stellen in der Diskussion, die zu der bereits im vergangenen Herbst angekündigten Streichung von 4300 Arbeitsplätzen bis 2023 hinzukämen. Damit ist jede vierte Stelle bei dem Konzern bedroht. Zudem steht die Schließung von 400 der 1000 Commerzbank-Filialen im Raum - damit würden doppelt so viele wegfallen wie bisher geplant.

Schließlich ist durch die Corona-Pandemie und den drohenden Anstieg der Kreditausfälle der Handlungsbedarf weiter gestiegen. Zudem scheiterte der geplante Verkauf der polnischen Tochter mBank, mit der die Bank Kapital für den Konzernumbau freischaufeln wollte. Und nicht zuletzt haben die Großaktionäre den Druck erhöht.

Der Finanzinvestor Cerberus, mit fünf Prozent zweitgrößter Aktionär der Commerzbank, hatte in den vergangenen Wochen seinen Unmut über die fehlenden Fortschritte beim Konzernumbau und den dümpelnden Aktienkurs Luft gemacht. Auch der Bund hatte die Daumenschrauben angezogen. Berater prüften die Strategie der Bank, die Vertreter des Bundes im Commerzbank-Aufsichtsrats wurden ausgetauscht.

Strategie keine ausreichende Akzeptanz im Kapitalmarkt

Zielke und Schmittmann zogen nun die Konsequenzen. "So erkennbar die strategischen Fortschritte sind, so unbefriedigend war und ist die finanzielle Performance der Bank. Und dafür trage ich als CEO die Verantwortung", sagte Zielke. Auch Schmittmann beugte sich dem Druck der Investoren. Die im Herbst präsentierte Strategie habe keine ausreichende Akzeptanz im Kapitalmarkt gefunden, gestand auch Schmittmann ein. Deshalb werde er sein Amt zum 3. August niederlegen. "Der Bank, dem Vorstandsteam und den Mitarbeitern stehen tiefgreifende Veränderungen bevor. Das wird viel Kraft und Anstrengungen kosten und sollte frei sein von immer wieder aufflammenden Personaldebatten und Diskussionen."

"Der Bund ist an einer starken und zukunftsfähigen Commerzbank interessiert", betonte das Finanzministerium am Freitagabend nach der Rücktrittsankündigung der beiden Top-Manager. "Die Commerzbank spielt eine zentrale Rolle für die Mittelstands- und Exportfinanzierung der deutschen Wirtschaft." Ein Ausstieg des Bundes, der die Commerzbank in der Finanzkrise vor dem Kollaps rettete, wäre nur mit hohen Verlusten möglich. So betont das Finanzministerium dann auch: "Der Bund steht voll hinter seinem Engagement bei der Commerzbank."

Eine Cerberus nahestehende Person zeigte sich überrascht, dass die Kampagne des Finanzinvestors so schnell Früchte trug. Der Abgang von Zielke und Schmittmann werde zunächst ein Vakuum hinterlassen, aber das lasse sich füllen. Die Zeit drängt: "Die Commerzbank muss schnell einen Nachfolger für Zielke finden", sagte Andreas Thomae von der Fondsgesellschaft Deka.

Eigentlich wollte die Commerzbank bereits am vergangenen Mittwoch ihre neuen Sparpläne dem Aufsichtsrat vorstellen. Doch nach einer Boykott-Drohung der Arbeitnehmer-Seite wurde die Sitzung kurzfristig abgesagt. Nun kommt der Aufsichtsrat am kommenden Mittwoch zusammen. Er wird dann beschließen, wann Zielke genau abtritt. Sein Vertrag werde spätestens Ende 2020 enden, erkärte die Bank am Freitag. Schmittmann bleibt noch bis zum 3. August an Bord. 

(Reuters)