Präsident Urs Rohner und weitere Verwaltungsräte der Schweizer Großbank seien angesichts immer neuer Enthüllungen und der laufenden Untersuchung der Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) zur Einsicht gelangt, dass ein Befreiungsschlag notwendig werden könnte. Rohner beschäftige sich bereits mit der Frage, wer Konzernchef Tidjane Thiam ersetzen könnte, falls die Finma zum Schluss komme, dass er seine Pflichten vernachlässigt habe, sagte zwei mit der Sache vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Sitzung dürfte zwar nicht unmittelbar in einem Führungswechsel resultieren, aber könnte die Weichen für einen solchen Schritt in der Zukunft stellen. Einer der Insider sagte, in der Sitzung müsse sich erst noch weisen, ob Rohner selbst überhaupt genügend Unterstützung für seinen Kurs habe oder ob auch seine Position in Frage gestellt werden könnte. Credit Suisse wollte sich nicht zu den Informationen äußern.

Die Bank steht seit September unter Druck, als bekannt wurde, dass sie ihren früheren Star-Manager Iqbal Khan durch Privatdetektive beschatten ließ. Credit Suisse entlastete Thiam zwar. Doch ein später bekannt gewordener zweiter Überwachungsfall vereitelte die Bemühungen des Instituts, einen Schlussstrich unter die Affäre zu ziehen. Inzwischen untersucht die Finma, ob Kontrollmängel in der Chefetage zu der Bespitzelung der Manager geführt haben. Je nach Ergebnis der Untersuchung könnte die Behörde eine Erneuerung der Konzernspitze anordnen. Credit-Suisse-Verwaltungsrat und Roche-Chef Severin Schwan sagte vergangene Woche zu Reuters, das Gremium befinde sich "in regem Austausch" mit der Finma.

Rohner, der im Frühjahr 2021 zurücktreten will, befindet sich in der Zwickmühle. Denn er hat Insidern zufolge inzwischen selbst eine angespannte Beziehung zum CEO. Vor allem aber mehren sich in der Öffentlichkeit angesichts des Reputationsschadens für die Bank die Stimmen, die einen Neuanfang an der Konzernspitze verlangen. So forderte die einflussreiche "Neue Zürcher Zeitung" am Montag, dass Thiam ausgewechselt wird.

Doch der Ivorer geniesst weiterhin die Unterstützung von Großaktionären. "Wir stehen 100 Prozent hinter dem Management und dem Verwaltungsratspräsidenten", sagte Harris-Associates-Anlagechef David Herro zu Reuters. Thiam und sein Team hätten beim Umbau der Bank ausgezeichnete Arbeit geleistet.

(Reuters)