Am 1. September nimmt Ralph Hamers Einsitz in die Konzernleitung der UBS. Der ehemalige Chef der holländischen Bank ING wird dann, nach einem "Warm-up" von zwei Monaten, am 1. November den operativen Führungsposten von Sergio Ermotti übernehmen.

Hamers wird es sehr bald mit einer unangenehmen Truppe zu tun bekommen: Mit unzufriedenen und ungeduldigen Investoren. Denn der Aktienkurs der UBS ist in der Ära Ermotti nicht vom Fleck gekommen. Seit Ermottis Amtsantritt am 15. November 2011 beträgt die Performance der UBS-Aktie laut Daten von Bloomberg gerade mal 5 Prozent. 

Das ist zwar beträchtlich mehr als die Aktie der Credit Suisse (minus 48 Prozent im selben Zeitraum) oder die Leistung des europäischen Bankenindex (minus 28 Prozent). Die 5 Prozent sind aber nichts gegen die Steigerung von 82 Prozent des Swiss Market Index in den vergangenen neun Jahren. Und 5 Prozent auf neun Jahre - das ist für Investoren ein Geldparkieren ohne Rendite. Kurz: Der Börsenboom der letzten Dekade ging an der UBS-Aktie gänzlich vorbei.

Hamers kommt mit vielen Vorschusslorbeeren in die Zwinglistadt. Er hat die ING in den letzten Jahren tiefgreifend verändert, das Institut wird heute als Beispiel für digitale Innovation im Bankensektor angesehen. "Hamers wird bei der UBS die Handbremse lösen", war eine der unmittelbaren Analystenreaktionen nach der Bekanntgabe des UBS-CEO-Wechsels im Februar.

Dennoch sollte nun keine grosse Euphorie aufkommen bezüglich UBS-Aktienkurs. Die Banken-Grosswetterlage ist zu schlecht dafür: Seit Jahren kämpfen europäische Finanzhäuser mit einem hartnäckigen Tiefzinsumfeld, wachsender Regulierung und bescheidenem Wirtschaftswachstum. Vor allem die Lage an der Zinsfront wird sich in den nächsten Jahren kaum verändern.

Investoren-Hoffnungen weckt Hamers nicht nur als Digitalisierer, sondern auch als Kämpfer gegen hohe Kosten. ING entwicklte unter Hamers eines der tiefsten (sprich: besten) Kosten-Ertrags-Verhältnisse bei europäischen Banken. ING ist aber eine Retail-Bank, die UBS ist mit ihrem Wealth und Asset Management sowie dem Investmentbanking ein Koloss.

Auch wenn Hamers das zweifellos vorhandene UBS-Kostenproblem schnell angeht, ist dies kein Garant für einen steigenden Aktienkurs. Die Credit Suisse senkte die Kosten in den letzten fast vier Jahren unter dem ehemaligen CEO Tidjane Thiam um über 5 Milliarden Franken auf rund 17 Milliarden Franken. Die Aktie sank seither um über einen Drittel.

Was wiederum heisst, dass das grössere Übel auch bei der UBS auf der Ertragsseite liegt. Nicht im Retail-Geschäft, sondern in der weltweiten Vermögensverwaltung für wohlhabende Kunden. Hier spielt die UBS bei den ganz Grossen mit - aber reine Grösse sagt noch nichts über die Dynamik des Geschäftes aus. Und hier hapert es seit Jahren. Wie Hamers dem Herzstück der Bank neue Erträge zuführen kann, und ob er der Sparte überhaupt einen Digitalisierungsschub nach seinen Vorstellungen verleihen will - das sind die entscheidenden Punkte

Ralph Hamers und UBS-Aktionäre brauchen vor allem eines: Ausdauer.