Dank der neuen Strategie sollen ab dem Jahr 2025 Effizienzgewinne und zusätzliche Erträge im Umfang von jährlich rund 500 Millionen Franken generiert werden, wie die Raiffeisen-Gruppe am Samstag mitteilte. Die Strategie "Raiffeisen 2025" werde von den 229 Raiffeisenbanken breit getragen, versicherte Verwaltungsratspräsident Guy Lachappelle bei der Präsentation vor den Medien. In einer Konsultativabstimmung habe die Zustimmung bei 98 Prozent gelegen.

Lösungsanbieter

Die Bankengruppe, deren Schwergewicht heute in der Vergabe von Hypotheken liegt, will nun künftig zu einem "Lösungsanbieter" werden. So will Raiffeisen den Kundinnen und Kunden etwa im Bereich Wohnen ein breites "Full-Service-Angebot" präsentieren. Dieses soll von Kaufinformationen und Kaufberatung für eine Immobilie über deren Finanzierung bis zur Bewirtschaftung oder einen allfälligen Verkauf reichen.

Im Anlage- und im Vorsorgegeschäft will sich Raiffeisen klar für kleine und mittlere Vermögen positionieren, wie Raiffeisen Schweiz-CEO Heinz Huber sagte. Dabei werde das klassische Beratungsgeschäft mit digitalen Lösungen ergänzt. So will die Bankengruppe eine digitale Vermögensverwaltung lancieren, wo Kunden auch schon mit kleinen Beträgen partizipieren können.

Grosse Kundenbasis

Bei ihrer neuen Strategie hofft Raiffeisen nicht zuletzt von ihrer grossen Basis von rund 3,5 Millionen Kunden profitieren. Diese Ausgangslage dürfte helfen, bei den neuen Initiativen rasch auf eine ausreichende Grösse zu kommen, sagte Lachappelle. Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen bedeuteten zudem nicht automatisch einen Stellenabau, betonte er gleichzeitig. Vielmehr könnten etwa bestehende Ressourcen für neue Zwecke eingesetzt werden.

Bei der Erweiterung der Geschäftsfelder wird Raiffeisen auch auf Kooperationen und Beteiligungen setzen. Diese würden aber klar auf die Gruppenstrategie der Diversifizierung des Geschäftsmodells ausgerichtet, betonte der VR-Präsident. Raiffeisen wolle sich auch eine "Kooperations- und Beteiligungsstrategie" geben, die im Herbst präsentiert werden soll.

Bald neuer Versicherungspartner

Wie Mitte Woche bekannt wurde, hat Raiffeisen die langjährige Kooperation mit dem Versicherer Helvetia aufgelöst. Der Raiffeisen-Präsident begründete dies am Samstag mit dem "etwas eindimensionalen" Modell der bisherigen Zusammenarbeit. Eine Rolle dürfte aber auch gespielt haben, dass Helvetia mit dem Hypothekenvermittler Moneypark über eine direkte Konkurrenz im Hypothekargeschäft verfüge: Das habe auch für die "eine oder andere Irritation" gesorgt, räumte Lachappelle ein.

Man suche nun eine Kooperation mit einer Versicherung, die optimal zu der neuen Raiffeisen-Strategie passe, sagte Lachappelle: "Wir werden demnächst eine neue Partnerschaft bekanntgeben." Weiterhin festhalten will Raiffeisen an der in der Ära des umstrittenen CEO Pierin Vincenz gekauften Beteiligung am Derivatespezialisten Leonteq.

Aufarbeitung der Vincenz-Ära

Mit der neuen Strategie entfernt sich Raiffeisen weiter von der Ära des 2015 abgetretenen Raiffeisen Schweiz-CEO Pierin Vincenz. Dieser hatte der Gruppe einen forschen Expansionskurs verordnet und dabei zahlreiche Übernahmen getätigt. In den vergangenen Jahren hatte sich Raiffeisen von einer Reihe dieser Beteiligungen wieder getrennt.

Weiterhin nicht abgeschlossen ist allerdings die juristische Aufarbeitung der Ära. Vincenz wird vorgeworfen, sich bei Firmenübernahmen auch selbst bereichert zu haben. Nach einer zwei Jahre dauernden Untersuchung steht die Zürcher Staatsanwaltschaft laut Medienberichten vor dem Abschluss der Beweisaufnahme.

(AWP)