Nach dem ziemlich überzeugenden Zwischenbericht von Mitte Mai legt Julius Bär mit einem besser als erwarteten Halbjahresergebnis nach. Unter Ausklammerung der bereits bekannten Rückstellungen im Steuerstreit mit den USA übertrifft die Zürcher Traditionsbank die Markterwartungen sowohl beim Konzerngewinn als auch bei der Nettoneugeldentwicklung.

Dennoch verliert die Aktie von Julius Bär zur Stunde an der Schweizer Börse SIX 2 Prozent auf 53 Franken. Nach dem guten Lauf im Vorfeld der Ergebnisveröffentlichung berichten Beobachter von grösseren Gewinnmitnahmen aus dem Ausland.

In Analystenkreisen wird der vorliegende Zahlenkranz mehrheitlich gelobt. Wie die Zürcher Kantonalbank in einem Kommentar schreibt, liegen die Zahlen leicht über den Konsenserwartungen. Allerdings hätten diese im Vorfeld eine hohe Streuung aufgewiesen, so gibt der Verfasser zu bedenken. Das Geschäft scheine dennoch sehr stabil, da sich der Rückgang der Bruttomarge nach dem extrem starken ersten Quartal im Gefolge des SNB-Entscheids sehr in Grenzen gehalten habe.

Nettoneugeld fliesst weniger stark

Was die Kosten anbetrifft, so seien diese unter Kontrolle, so der Analyst. Nachdem das finanzielle Risiko aus dem Steuerstreit mit den USA ausreichend abgeschätzt werden könne, sei Julius Bär wieder in der Lage, nach vorne zu schauen. Dies sei umso wichtiger, als das Nettoneugeld aus den bestehenden Märkten zwar innerhalb des Zielkorridors liege, aber eher zurückhaltend fliesse. Die Aktie wird dennoch mit "Übergewichten" zum Kauf empfohlen.

Bei der Bank Vontobel ist von einem starken Handelsergebnis im Zuge der stärkeren Kursausschläge an den Devisenmärkten die Rede. Im Hinblick auf die zweite Jahreshälfte geht der Analyst allerdings von einer stärkeren saisonalen Verlangsamung der Ertragsentwicklung als gewöhnlich aus. Er hofft deshalb auf kostenseitige Fortschritte und stuft die Aktie mit "Hold" und einem Kursziel von 48,50 Franken ein.

Eigenkapitalbasis wird unterschiedlich beurteilt

Auch der für J. Safra Sarasin tätige Berufskollege findet sichtlich Gefallen an der Kostenentwicklung. Trotz leicht tiefer als erwarteten Erträgen seien die Konsensschätzungen erfüllt worden, so schreibt er. Dank der starken Eigenkapitalbasis verfüge Julius Bär über die finanziellen Möglichkeiten für eine Dividendenerhöhung, ein Aktienrückkaufprogramm oder gewinnverdichtende kleinere Übernahmen. Die Aktie wird bei J. Safra Sarasin unverändert zum Kauf empfohlen.

Vorsichtiger wird die Eigenkapitalsituation bei Kepler Cheuvreux beurteilt. Zwar liege die bereinigte Eigenkapitalquote weiterhin über dem eigens definierten Zielwert. Allerdings zeige der vorliegende Zahlenkranz, dass sich die Eigenkapitalbasis mit "bereinigten" Gewinnen nicht stärken lasse. Julius Bär sei und bleibe einer der schlechtesten Dividendenzahler im Bankensektor. Der Analyst teilt die Zuversicht seiner Berufskollegen nicht, was eine höhere Dividende oder ein Aktienrückkaufprogramm anbetrifft und stuft die Aktie mit "Reduce" und einem optisch tiefen Kursziel von 29 Franken ein.