Die Hauptsitze von Novartis und Roche in Basel liegen nicht weit voneinander entfernt. Beim Augenmedikament Lucentis arbeiten die beiden Rivalen sogar zusammen. Allerdings könnten die beiden Medikamentenhersteller unterschiedlicher kaum sein.

Dass beide Unternehmen eine unterschiedliche Strategie verfolgen, spiegelt sich auch in den Jahresergebnissen wider. 24 Stunden nach Novartis legt am frühen Donnerstagmorgen auch Roche den Zahlenkranz für das vergangene Jahr vor.

Anders als der Rivale tags zuvor wartet Roche mit einem ansprechenden und über den Analystenerwartungen liegenden Jahresergebnis auf. Dasselbe gilt für die Zielvorgaben für 2019. An der Schweizer Börse SIX wird der Genussschein von Roche denn auch um 1,9 Prozent höher bei 262,40 Franken gehandelt.

Aus aktuellem Anlass stellt cash.ch die beiden Zahlenkränze einander nach gleichen Gesichtspunkten gegenüber:

Umsatzentwicklung

Roche erzielte im vergangenen Jahr einen um 7 Prozent höheren Umsatz. Dabei wuchsen die beiden Geschäftsbereiche Pharma und Diagnostik im Gleichschritt.

Novartis steigerte den Jahresumsatz um 6 Prozent. Das Pharmageschäft wuchs sogar um 8 Prozent. Allerdings sei erwähnt, dass der Gesundheitskonzern aus Basel in Dollar Rechnung ablegt. In Franken betrachtet lägen diese Wachstumsraten wohl etwas tiefer. Roche rapportiert hingegen in Franken.

Punkt für Roche

 

Schlüsselmedikamente

Während bei Roche das von Nachahmerpräparaten bedrohte Krebsmedikament Rituxan im Schlussquartal für Beobachter überraschend eine stabile Absatzentwicklung aufwies, wuchsen die beiden zukünftigen Wachstumsträger Ocrevus und Tecentriq kräftig. Die drei Präparate Rituxan, Avastin und Herceptin sind bei den Baslern weiterhin für gut einen Drittel des Jahresumsatzes verantwortlich. In den USA werden im laufenden Jahr auch Avastin und Herceptin den Patentschutz verlieren.

Auf das vierte Quartal bezogen schnitten die wichtigsten Medikamente von Novartis unerwartet gut ab. Mit dem Psoriasispräparat Cosentyx setzte das Unternehmen gut 806 Millionen Dollar ab. Das sind 30 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Das umsatzstärkste Medikament bleibt Gilenya gegen Multiple Sklerose mit einem im Jahresvergleich leicht höheren Quartalsumsatz von 836 Millionen Dollar. Den stärksten Zuwachs erzielte das Herzmedikament Entresto mit einem um 72 Prozent höheren Umsatz von 318 Millionen Dollar.

Punkte für Roche und Novartis

 

Gewinnentwicklung

Novartis steigerte den operativen Kerngewinn um 8 Prozent auf 13,82 Milliarden Dollar. Diese Zahl ist um Abschreibungen auf immateriellen Vermögenswerten, den Einfluss akquisitionsbedingter Faktoren und andere wesentliche Sonderpositionen bereinigt.

Roche steht Novartis in Nichts nach und steigert den operativen Kerngewinn ebenfalls um 8 Prozent. Der Kern-Gewinn je Aktie stieg sogar um 18 Prozent, der Unternehmenssteuerreform der US-Regierung sei Dank.

Da Novartis in Dollar Rechnung legt, dürfte der operative Kerngewinn in Franken betrachtet weniger als 8 Prozent gewachsen sein.

Punkt für Roche

 

Ziele für 2019

Nach Vollzug der geplanten Abspaltung der US-Tochtergesellschaft Alcon strebt Novartis ein Wachstum beim Nettoumsatz im mittleren einstelligen Prozentbereich sowie einen im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich liegenden Zuwachs beim operativen Kerngewinn an. Beides zu konstanten Wechselkursen. Damit werden die Analystenerwartungen beim operativen Kerngewinn um gut 5 Prozent verfehlt.

Roche wartet mit einem für Beobachter überraschend starken Ausblick auf. Trotz einer drohenden Umsatzerosion bei Schlüsselmedikamenten wie Rituxan, Avastin und Herceptin will der Pharma- und Diagnostikkonzern sowohl den Umsatz als auch den Kerngewinn je Aktie im mittleren einstelligen Prozentbereich steigern.

Punkt für Novartis

 

Dividenden und Aktienrückkäufe

Novartis erhöht die Jahresdividende zwar nur um 5 Rappen auf 2,85 Franken je Aktie. Gleichzeitig will der Gesundheitskonzern jedoch über die nächsten vier Jahre für bis zu 10 Milliarden Franken eigene Aktien zurückkaufen.

Roche hingegen greift zumindest bei der Dividende etwas tiefer in die Tasche. Ausgeschüttet werden 8,70 Franken je Titel, nach 8,30 Franken im Vorjahr. Damit errechnet sich beim Genussschein eine Rendite von 3,4 Prozent. Die Novartis-Aktie rentiert allerdings fast genauso viel.

Punkte für Roche und Novartis

 

Entschädigungen der Konzernchefs

Wie der Medienmitteilung entnommen werden kann, erhält Severin Schwan für 2018 eine Entschädigung von 11,8 Millionen Franken. Das ist gar etwas mehr als im Jahr zuvor. Schwan gilt als einer der bestbezahlten Firmenlenker in der Schweiz.

Novartis-Chef Vas Narasimhan erhält für sein erstes Amtsjahr geradezu bescheiden anmutende 6,68 Millionen Franken. Sein Vorgänger Joe Jimenez spielte hingegen in einer ähnlichen Liga wie Schwan.

Punkt Novartis (aus Sicht der Aktionäre)

 

Novartis-Aktie vs. Genussschein von Roche

Seit Jahresbeginn hat die Aktie von Novartis gerademal 2 Prozent an Boden gutgemacht. Im 12-Monats-Vergleich errechnet sich sogar nur ein Plus von 1,6 Prozent. Der Genussschein von Roche notiert hingegen um fast 6 Prozent über dem Stand von Anfang Januar. Mit einem Plus von 12 Prozent fällt auch die Zwischenbilanz der letzten 12 Monate deutlich besser aus.

Punkt für Roche

Damit entscheidet Roche den Vergleich nach Punkten (5 zu 4) knapp für sich. Mit der überdurchschnittlich starken Kursentwicklung des Genussscheins gegenüber der Novartis-Aktie scheint die Börse diesem Umstand zumindest teilweise Rechnung zu tragen. Nicht so recht in dieses Bild will passen, dass Novartis bei den Aktienanalysten höher in der Gunst steht.