Mehr als neun Prozent konnte der Swiss Performance Index (SMI) im November zulegen. Eine solch starke Monatsperformance hatte es im Schweizer Leitindex lange nicht gegeben. Man muss in den Schweizer Börsengeschichtsbüchern bis in den Juli 2009 zurückblättern, um einen Monat im SMI zu finden, der den November 2020 toppt. Die Kursperformance damals im Zuge der Erholung von der Wirtschafts- und Finanzkrise: +10,12 Prozent.

Die starken Zugewinne im November müssen allerdings auch vor der Hintergrund eines überdurchschnittlich schlechten Oktobers gesehen werden, in dem der SMI knapp 6 Prozent einbüsste - so viel wie seit Dezember 2018 nicht mehr (den Corona-Februar mit einem Minus von 7,5 Prozent ausgenommen). Seit dem Sommer verläuft der SMI in einem übergeordnetem Seitwärtstrend.

SMI-Kursentwicklung in den letzten zwölf Monaten (Quelle: cash.ch). 

Zwei einschneidende Ereignisse in der ersten Monatshälfte haben die Börsen im November entscheidend geprägt und wieder zurück auf Erholungskurs gebracht. Erstens sorgte das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahlen vom 3. November für ein sichtbares Durchatmen an den Börsen. Zwar sträubt sich Donald Trump bis heute, das Weisse Haus zu verlassen, doch die Börse preiste umgehend einen Wahlsieg des demokratischen Kandidaten Joe Biden ein.

Ebenso wichtig dürfte laut Marktbeobachtern gewesen sein, dass der kommende US-Präsident aller Wahrscheinlichkeit nach über keine Mehrheit im Kongress verfügen wird. Damit dürften insbesondere die gefürchteten Steuererhöhungen fürs Erste vom Tisch sein. Heisst: Für die Börse ändert sich wenig.

Anfang der zweiten Novemberwoche platze dann die Impfstoff-Nachricht in den Markt. Mit der Mainzer Biotech-Firma Biontech und ihrem US-Partner Pfizer verkündete erstmals ein Forscher-Team vielversprechende Studienergebnisse zu einem Corona-Impftsoff. Der Impfstoff versprach eine Wirksamkeit von 90 Prozent, später wurden daraus sogar 95 Prozent. In den darauffolgenden Wochen zogen die Pharmafirmen Moderna aus den USA und die britisch-niederländische Astrazeneca mit erfolgreichen Studienergebnissen zu Impfstoffen nach.

Massive Sektorrotation auf Schweizer Aktienmarkt

In der Schweiz sorgten die Ereignisse rund um die US-Präsidentschaftswahlen für den Löwenanteil der SMI-Zugewinne im November - der SMI gewann allein in der ersten Novemberwoche über sieben Prozent. Die Impfstoff-Nachricht vom 9. November bewegte den Schweizer Aktienmarkt gesamthaft betrachtet vergleichsweise wenig. An diesem Tag legte der Markt gemessen am Swiss Performance Index (SPI) gerade mal um 0,78 Prozent zu. Nichts im Vergleich zum EU-Leitindex Eurostoxx 50, der 6,3 Prozent hinzugewann oder dem deutsche Dax, der am besagten Tag immerhin knapp 5 Prozent zulegen konnte.

Grund ist, dass der Schweizer Aktienmarkt mit defensiven Titeln gespickt ist, die den Gesamtmarkt bei Turbulenzen oft vor grossen Ausreissern bewahren – nach oben wie nach unten. Aber: Trotz der vergleichsweise unspektakulären Kursperformance des Gesamtmarktes, wurde die Schweizer Börse am 9. November auf den Kopf gestellt. Eine an diesem Tag schlagartig einsetzende Sektorrotation führte dazu, dass bisherige Corona-Gewinner mit den bisherigen Verlierern die Plätze tauschten.

November-Tops und- Flops im Swiss Performance Index (SPI)

Quelle: Bloomberg

Plötzlich waren es Reise-Titel wie etwa der Reisedetailhändler Dufry oder der Reise-Vermittler lastminute.com, die innerhalb eines Tages rund 20 Prozent nach oben schossen. Die Reisebranche gilt bis heute als grösster Verlierer der Pandemie. Die Hoffnung, dass mit einem Impfstoff Auslandsreisen wieder möglich sind, liess die Branche breit aufatmen. Vor allem die Aktie von lastminute.com konnte die Kurssteigerungen im Laufe des Novembers noch fortsetzen und setzt sich mit einem Plus von rund 70 Prozent an die Spitze der SPI-Monats-Rangliste.

Auch klassische Zykliker, die zuvor arg abgestraft wurden, wie die Industrieunternehmen Sulzer und Oerlikon erfuhren durch die Impfstoff-Nachricht und den daraus resultierenden Konjunkturhoffnungen Aufwind und schafften es im November mit Kursgewinnen von je rund 36 Prozent in die Top-Ten im SPI.

Bei den Schweizer Blue Chips schlug diesen Monat vor allem die Stunde der Finanz-Aktien. Unter den ersten sechs SMI-Titeln kommen deren fünf aus dem Banken- und Versicherungssektor. Credit Suisse, Swiss Life, Swiss Re, UBS und Zürich weisen allesamt Kursgewinne zwischen 20 und 35 Prozent aus. Den jahrelang gebeutelten Grossbank-Aktionäre kommt da fast das Augenwasser.

Die Aktien profitierten massiv von der durch die Impfstoff-Nachricht ausgelöste Markt-Rotation von starken Wachstums-Aktien in Substanzwerte (Value-Titel). Auch unter den grossen Titeln können Zykliker wie LafargeHolcim (+22%) oder SGS (+13%) auf Monatssicht deutlich hinzugewinnen.

November-Tops und- Flops im Swiss Market Index (SMI)

Quelle: Bloomberg

Auf der Verliererseite finden sich grösstenteils bisherige Überflieger, die nach einer starken Jahres-Performance jetzt auch mal Federn lassen. Die schwächste SMI-Aktie in diesem Monat ist Givaudan. Der Aroma- und Duftstoffhersteller konnte trotz Krise wachsen und seine Margen steigern. Seit Mitte Oktober ist aber zumindest Schluss mit steigenden Aktienkursen - auch weil Givaudan damals "nur" solide Umsatzzahlen meldete.

Ebenfalls vom Thron gestossen wurden – zumindest vorerst – die viel gefeierten Pharmazulieferer Lonza (-1,2%) und Bachem (-4%). Allerdings beläuft sich das Jahresplus bei Lonza noch immer auf über 50 Prozent, bei Bachem gar auf knapp 135 Prozent. Gründe für die vergleichsweise maue Performance im November sind daher eher weniger fundamentaler Natur. Vielmehr scheinen die Titel etwas heissgelaufen, weswegen eine Verschnaufpause für Anleger sogar willkommen sein dürfte.