Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt: Für GameStop-Anleger gibt es wenig dazwischen. Die Aktien des US-Videospielehändlers halten mit ihren Kurskapriolen Börsianer seit Wochen in Atem. Die treibende Kraft dahinter sei die Reddit-Gemeinde, die sich in Anleger-Foren der Internet-Plattform immer wieder gegenseitig zu Käufen ermuntere, sagt Michael Pachter, Geschäftsführer des Aktien-Research beim Vermögensverwalter Wedbush. Es sei aber fraglich, ob diese Euphorie unter Kleinanlegern anhalten werde.

Optimisten argumentieren, dass sich die Geschäftsaussichten des kriselnden Unternehmens verbesserten. Sie verweisen auf die stärkere Einbindung des GameStop-Grossaktionärs Ryan Cohen. Der Gründer von Chewy.com, einem Online-Händler für Tierbedarf, soll das Internet-Geschäft von Gamestop auf Vordermann bringen. Dies bescherte den Aktien des Unternehmens binnen weniger Tage eine Kurs-Verdoppelung.

Zu den Optimisten gehört der Privatanleger Joe Youngblood aus Texas. "Nach einiger Recherche glaube ich, dass GameStop das Ruder herumreissen kann." Er hatte Anfang Februar Aktien zu je 98 Dollar gekauft, deren Wert sich anschliessend binnen Tagen halbierte. Inzwischen hat sich sein Investment mehr als verdoppelt. Eric Diaz, ein Betriebsleiter aus Florida, nutzte dagegen die jüngste Rally dazu, fast alle seiner GameStop-Papiere zu verkaufen. "Das ist kein rationales Investment und nichts für schwache Nerven."

Wunsch und Wirklichkeit

Selbst wenn Cohen das Unternehmen rasch umbaue, sei der aktuelle Kurs von etwa 235 Dollar aber nicht gerechtfertigt, warnt Wedbush-Experte Pachter. Dazu seien stabile Gewinne von zehn bis zwölf Dollar je Aktie notwendig. Er traue dem Unternehmen für 2022 gerade einmal einen Überschuss von einem Dollar je Aktie zu. Für die am 23. März anstehenden Gesamtjahresergebnisse für 2020 prognostizieren Analysten im Schnitt einen Verlust von 2,17 Dollar je Aktie.

Analyst David Keller von der Analyse-Plattform Stockcharts.com betrachtet das Kursniveau als berechtigt. "Die Aktie fühlt sich wie ein Wachstumswert an." Bei stark expandierenden Unternehmen, vor allem aus dem Technologiesektor, ignorieren Investoren Verluste in der Hoffnung auf künftige Gewinne oft jahrelang.

Einige Börsianer setzen zudem auf einen erneuten "Short Squeeze". Ende Januar hatten konzertierte Käufe von Kleinanlegern Hedgefonds gezwungen, ihre Wetten auf einen Verfall der GameStop-Papiere aufzulösen. Dies bescherte den Titeln zeitweise ein Kursplus von mehr als 2000 Prozent. Allerdings seien entsprechende Spekulationsgeschäfte inzwischen auf den tiefsten Stand seit drei Jahren gefallen, gibt die Analysefirma S3 zu bedenken.

(Reuters)