Zwei Mal hat der Aktienmarkt in den vergangenen Monaten erwartet, dass der einmal vollzogene Zinsschritt der Federal Reserve die Märkte beruhigen würde. Es war nicht so. Dafür müsste die Lust an Spekulationen über mögliche 50- oder 75-Prozentpunkte-Schritte der amerikanischen Notenbank erstmal verschwinden. Genauso bräuchte es eine realistischere Prognose zu den hohen Preisen - stattdessen wird wild hin- und herprognostizert.

Man weiss auch nicht, wann der Krieg in der Ukraine endet, wann die Autohersteller ihre Teile wieder bekommen und ob die heutigen Notenbankerinnen und Notenbanker überhaupt geschickt genug sind, das Wachstum zu schützen. Gründe für Nervosität an den Finanzmärkten gibt es leider genug.

Irgendwann in den letzten fünf Monaten ist eine Ära zu Ende gegangen, nämlich jene, in der man am Aktienmarkt fast alles kaufen konnte. Und zu diesem Realitäts-Check, dem sich die Märkte zögerlich unterzogen haben, gehört auch die Situation bei den Kryptos. Bitcoin ist ein Risiko-Asset wie Aktien und kein "goldener" Safe-Haven.  

Euphorie als Leitlinie alleine reicht nicht mehr. Und Selbstinszenierungen und Social-Media-Marktgeplapper von Akteuren sind kein Anlageplan. Denn Vermögensaufbau ist von seinem Wesen her etwas langweiliges. Dies mag manche deprimieren.

Schweren Herzens, aber vernünftigerweise, muss man auf "Darlings" verzichten. Man würde faszinierende Firmen wie Logitech oder Nvidia oder auch Kryptos jetzt gerne kaufen. Alles ist billiger geworden und "Buy the Dip" sieht gerade enorm verlockend auch. Doch die Lage ist trügerisch. Als Logitech beispielsweise im letzten Herbst unter 80 Franken fiel, war dies für viele die Kaufgelegenheit. Dann fiel der kaufwürdige Dip auf 70 Franken, dann auf 60 Franken. Vergangene Woche notierte der Kurs auf einem Zwei-Jahrestief bei 55 Franken.  

Nicht, dass die grossen Veränderungen in Alltag, im Arbeitsleben und beim Konsum nicht weiterhin ein spannendes Thema wären. Software, künstliche Intelligenz, smarte Geräte und E-Commerce: Alles wichtige Zukunftsthemen. Wer dort investieren will, sollte sich aber inzwischen viel genauer überlegen, um was es eigentlich geht. 

Das Zauberwort ist noch immer "Qualität". Aber in der momentanen Lage der Aktienmärkte sollte Qualität vielleicht noch etwas enger definiert werden als sonst. "Kill Your Darlings", dann gelangen auch keine "Hidden Dragons" ins Portfolio.