Zuletzt sorgten Leerverkäufe während der europäischen Schuldenkrise vor knapp zehn Jahren für Diskussionen. Nachfolgend eine Übersicht, wie Investoren mit solchen Geschäften von fallenden Kursen profitieren können.

Was sind Leerverkäufe?

Bei Leerverkäufen wetten Investoren auf fallende Kurse von Wertpapieren. So verkaufen sie beispielsweise Aktien, die sie sich zuvor von anderen Anlegern gegen eine Gebühr geliehen haben. Sie setzen darauf, dass der Kurs bis zum Rückgabetermin gefallen ist und sie sich billiger mit den Titeln eindecken können. Die Differenz zwischen diesem Kurs und dem höheren Verkaufspreis abzüglich der Gebühr streichen die Investoren - oft Hedgefonds - als Gewinn ein.

Was sind ungedeckte Leerverkäufe?

Bei ungedeckten Leerverkäufen ist das Prinzip dasselbe. Allerdings haben sich die Investoren noch nicht einmal die Wertpapiere geliehen, was die Risiken deutlich erhöht. Denn zum Lieferdatum besitzen sie so keinerlei Papiere. Um ihren Lieferverpflichtungen nachzukommen, müssen sie diese daher dann am Markt in jedem Fall erwerben - unabhängig von der Kursentwicklung. Ist der Preis nicht wie erhofft gesunken, haben sie hohe Verluste. Dafür ist im Erfolgsfall der Gewinn höher, da keine Leihgebühr anfällt. In einigen Staaten sind ungedeckte Leerverkäufe verboten.

Wie beeinflussen Leerverkäufe einen Kurs?

Wenn Leerverkäufe bei einzelnen Wertpapieren den Handel dominieren, können diese dramatisch unter Druck geraten. Denn theoretisch können mehr Papiere verkauft werden als tatsächlich existieren. Dann werden die Wetten der Investoren zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung: Wenn alle auf einen Kursverfall wetten, tritt dieser auch ein.

Was sind Deckungskäufe?

Darunter verstehen Börsianer den Kauf von Wertpapieren, auf deren Verfall man vorher gewettet hat. Investoren decken sich mit den Titeln ein, weil sie diese an den Verleiher beziehungsweise - bei ungedeckten Leerverkäufen - an den Käufer liefern müssen. Auch wenn die Kurse nicht wie erhofft fallen, decken sich Leerverkäufer wieder mit den Wertpapieren ein, weil sonst Verluste drohen, die theoretisch ins Unendliche wachsen können. Einsetzende Deckungskäufe markieren meist eine Trendwende, da die steigende Nachfrage die Kurse treibt.

Wamm spricht man von einem «Short Squeeze»?

Fachleute sprechen von einem "Short Squeeze", wenn Deckungskäufe in grossem Stil die Kurse nach oben treiben und eine Kettenreaktion auslösen. Dies kann passieren, wenn viele Leerverkäufer zur gleichen Zeit ihre Wetten auflösen oder mehr Wertpapiere leer verkauft wurden als im Umlauf sind. Das in Deutschland bekannteste Beispiel für einen "Short Squeeze" sind die Kurskapriolen von Volkswagen im Zusammenhang mit der gescheiterten Übernahme durch Porsche im Jahr 2008. Weil nur wenige Anteilsscheine frei handelbar waren, schoss der Kurs binnen weniger Tage von etwa 200 auf rund 1000 Euro.

Warum gibt es überhaupt Leerverkäufe?

Über Leerverkäufe können sich Firmen und andere Investoren gegen Kursrisiken absichern. Wer etwa in einigen Monaten Rohstoffe kaufen muss und mit höheren Preisen rechnet, kann durch einen erfolgreichen Leerverkauf in anderen Bereichen für Ausgleich sorgen. Zudem sorgen diese Geschäfte für ausreichende Liquidität an den Märkten.

(Reuters)