Gemessen an den Bewertungskennzahlen war die Amazon-Aktie noch nie ein Schnäppchen. Zwischen den Jahren 2013 und 2015 belief sich das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf absurd anmutend hohen Werten zwischen 300 und 500.

Die KGV-Kennzahl gibt an, wie viele Jahre es dauert, bis das Unternehmen den Wert seiner Aktien als Gewinn erwirtschaftet hat. Zwar werden Wachstumsunternehmen wie Amazon höhere KGVs zugestanden, weil hier die zukünftigen Gewinnerwartungen überproportional hoch sind.

Doch Amazon bewegte sich bewertungstechnich schon immer auf besonders luftigen Höhen. 

Allerdings konnte der Online-Riese die hohe Bewertung stets auch rechtfertigen. Mit den steigenden Gewinnen stieg auch die Aktie immer höher. Doch jetzt fällt auf: Beim Aktienkurs tut sich seit nunmehr elf Monaten praktisch nichts mehr. Seit Juli 2020 bewegt sich der Kurs in der Spanne zwischen 3000 und 3400 Dollar. Und das, obwohl Amazon in dieser Zeit praktisch jedes Quartal die Erwartungen des Marktes klar schlagen konnte. Das Gute daran: Was die Geduld von bereits investierten Aktionärinnen und Aktionären strapazieren mag, könnte für bisher Aussenstehende eine gute Einstiegsgelegenheit sein.  

Kursentwicklung der Amazon-Aktie in den letzten zwölf Monaten, Grafik: Cash.ch. 

Ein Blick auf die Bewertung zeigt, dass die Amazon-Aktie derzeit so günstig ist wie lange nicht mehr. So ist das KGV seit Sommer 2020 stetig zurückgegangen. Aktuell ist es mit etwa 62 auf so tief wie seit rund zehn Jahren nicht mehr. Das für Ende 2021 geschätzte KGV, welches also die prognostizierten Gewinne bis Ende Jahr mit berücksichtigt, liegt laut Analysten sogar bei unter 55. Das mag für den einen oder anderen noch immer gefährlich hoch klingen, für die Amazon-Aktie ist es historisch niedrig. 

Entwicklung des KGV der Amazon-Aktie in den letzten fünf Jahren, Grafik: ycharts.com.

Eine weitere Kennzahl, die für eine aktuelle Unterbewertung der Amazon-Aktie spricht, ist das sogenannten PEG-Ratio (Price-Earning to Growth-Ratio), auf deutsch etwa mit Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis übersetzt. Das PEG setzt das KGV einer Aktie ins Verhältnis zum erwarteten Gewinnwachstum. Dafür werden in der Regel die nächsten drei bis fünf Jahre berücksichtigt. Auch dieser Wert befindet sich bei Amazon mit etwa 2,2 aktuell auf rekordtiefem Niveau. Im Sommer 2020 lag die Kennzahl noch knapp bei 5. Zuletzt war der Wert im Frühjahr 2019 annähernd so tief gelegen, kurz bevor der Aktienkurs seine Rally aufnahm. 

Entwicklung des PEG-Ratios der Amazon-Aktie in den letzten fünf Jahren, Grafik: Zacks

Die historisch tiefe Bewertung macht die Amazon-Aktie aktuell interessant für einen Einstieg. In den letzten elf Monaten gingen bei dem US-Technologie-Riesen rasant wachsende Unternehmensgewinne mit einem stagnierenden Aktienkurs einher. Allein die Zahlen zum ersten Quartal 2021 waren beeindruckend. Der Gewinn je Aktie stieg auf 15,79 Dollar, erwartet wurden lediglich 9,54 Dollar. Der Umsatz konnte um satte 44 Prozent auf 108,5 Milliarden Dollar gesteigert werden - auch das war mehr als von Analysten erwartet. Und auch mit dem Ausblick für das zweite Quartal übertraf man die Schätzungen.

Der Aktie verhalf das - wie so oft zuletzt - zu keinen Kurssprüngen. Die Seitwärtsphase mag aufgrund des steilen Kursanstiegs Anfang 2020, also zu Beginn der Corona-Pandemie, lange Zeit begründet und auch gesund gewesen sein. Doch die steilen Wachstumsaussichten dürften früher oder später vom Markt wieder (neu)entdeckt werden. Anlegerinnen und Anleger bietet sich aktuell noch die Chance, sich die Amazon-Aktie zu einem vergleichsweise günstigen Preis ins Depot zu legen. Sie sollten nicht mehr allzu lange warten. Kursanstiege kommen oft plötzlich - und dann kann es ganz schnell gehen.